SPD-Manager ärgern Lafontaine

Vollbeschäftigung hält der Managerkreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung für möglich und fordert moderate Löhne und flexiblere Arbeitszeiten  ■ Aus Bonn Markus Franz

Der Managerkreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung hält Vollbeschäftigung für möglich, weicht aber mit seinen Rezepten teilweise deutlich von den Vorstellungen der SPD-Parteispitze ab. In einem Konzeptpapier unter dem Titel „Aufbruch 2000 – Vorschläge für ein neues Modell Deutschland“ fordern die Autoren moderate Löhne, die Flexibilisierung der Arbeitszeiten, eine Abkehr vom jetzigen Rentensystem, bessere Ausbildung, die Einrichtung eines Niedriglohnsektors und die Integration von Ausländern.

Im Gegensatz zum Bericht der bayerisch-sächsischen Zukunftskommission, die Vollbeschäftigung für unrealistisch hält, zeichnet sich das Papier des Managerkreises durch eine optimistische Grundhaltung aus. Eine deutliche Absage erteilt es Konzepten, die sich allein auf Kostensenkung und Wachstumspolitik beschränken. Soziale Sicherheit sei unabdingbar, um die Bürger zu motivieren und den sozialen Zusammenhalt zu gewährleisten, der die Stärke des Standorts Deutschland ausmache.

Als entscheidende Gründe für die hohe Arbeitslosigkeit nannte der federführende Autor Ulrich Pfeiffer bei einer Diskussionsveranstaltung, an der auch SPD-Chef Oskar Lafontaine teilnahm, zu hohe Löhne und schlechte Ausbildung. Der starke Lohnanstieg von 1990 bis 1992 sei eine Ursache für die nachfolgende schwere Rezession gewesen. Insbesondere in Ostdeutschland müsse die Lohnentwicklung zurückhaltend sein. Das sei auch in Bayern in den 60er Jahren nicht anders gewesen.

Als zentrales Problem bezeichnete Pfeiffer den Ausbildungsstandard in den Hauptschulen. „So wie die Schüler da rauskommen, können die nicht mithalten.“ Insbesondere die „Unterausbildung“ der Zuwanderer in den Hauptschulen wachse sich zu einer „schleichenden Krise des Sozialstaates“ aus.

Das Papier bleibt in vielen Bereichen vage. So kritisieren die Autoren das jetzige Rentensystem anders als die SPD-Parteispitze als nicht mehr zeitgemäß, beschränken sich aber auf die Forderung, eine allgemeine steuerfinanzierte Altersrente „zu durchdenken“. Eine Einheitsrente von 1.500 Mark monatlich ab 65 Jahren wird unverbindlich ins Spiel gebracht. Eine Steuerreform bezeichnen die Autoren als unabdingbar. Nur mündlich stellte Pfeiffer fest: Ein Spitzensteuersatz von 45 Prozent sei ihm lieber als 49 Prozent.

Der SPD-Parteivorsitzende Oskar Lafontaine stellte als Gemeinsamkeit heraus, das Ziel der Vollbeschäftigung zu verfolgen und die Globalisierung auch als Zukunftschance zu sehen. Heftig widersprach er der Forderung des 1.100 Mitglieder umfassenden Managerkreises nach Lohnzurückhaltung. „Was wir brauchen, ist mehr Binnennachfrage“, sagte Lafontaine, und die könne nur durch entsprechende Einkommen angekurbelt werden. Als Beispiel nannte er die Vereinigten Staaten mit ihrer defizitären Handelsbilanz: „Das juckt die gar nicht.“ In Amerika stiegen dagegen die Löhne – und die Beschäftigung. Deutschland könne den globalen Wettbwerb nicht durch niedrige Löhne und Sozialstandards gewinnen, sondern durch beste Verkehrswege, beste Telekommunikation, beste Ausbildung, beste Forschung.