Botschaft für Bob

■ Rapper Busta Rhymes gibt Kitsch, Pomp und Ficki-Ficki in sprachlichem Überfluß

„Flip the mode“, sagt Busta Rhymes, „verändere das System. Was auch immer regular ist, wir bringen dir irregular shit.“Und er zeigt auf seine Tätowierung, ganz oben auf dem muskulösen rechten Arm. „Flipmode Squad“steht dort geschrieben. Das ist nicht nur sein Mantra, sondern auch seine ganz reale Gang, seine Gruppe, seine Familie, sein Clan. Hier werden viele neue Talente entstehen – ganz zu schweigen von Flipmode Wear, Flipmode-Film, Flipmode-Radio, Flipmode-Entertainment. Hat da jemand Wu-Tang-Clan gesagt?

Trevor Smith, so Bustas bürgerlicher Name, hat gut aufgepaßt. Er weiß, daß es, ganz abgesehen von der jugendkulturell ungebrochenen Faszination einer Gang, auch für Plattenfirmen attraktiver ist, eine Gruppe zu verpflichten, die ihr genug Nachschub für die nächsten Jahre garantiert. Und doch ist dies ein anderes Lied als das vom Clan. Denn Flipmode hat ein unbestrittenes Zentrum, dient alleine Bustas Stärkung und Rückendeckung.

Seine Vorgeschichte ist nicht die eines gescheiterten Pop-Rappers (wie es RZA vom Wu-Tang-Clan gerne aus seiner Biographie radieren würde), er hat sich bereits aus einer Gruppe emanzipiert, die wie keine andere Rap-Skills und Sprache zentrierte. Damit waren die in den frühen 90ern aktiven Leaders Of The New School in der HipHop-Intellektuellengemeinde gefangen, einem Mikrokosmos, der nicht nur für Bustas Ego, sondern auch für seine vielfältigen Fähigkeiten viel zu klein war. Denn Busta Rhymes ist nicht nur ein wortgewaltiger Rhetoriker, sondern vor allem Entertainer, der als Rapper das gesamte Spektrum zwischen seidigem Schnurren und eruptivem Gebrüll beherrscht und zudem die richtigen Beats sein eigen nennt.

Angesichts dieser schillernden Oberfläche ist alles andere relativ, der große Computercrash im Jahr 2000 ebenso wie die Überzeugung, daß das Christentum und überhaupt die Welt schwarzen Ursprungs ist, denn Jesus war bekanntlich ein Schwarzer. Was aus diesem Rhymesschen Lieblingsthema hervorschimmert, ist seine elitäre Religion: Busta ist Five-Percenter und überzeugt davon, zu den (schwarzen) Auserwählten zu gehören, die im Kampf gegen die bösen 10% der Unterdrücker das Gros menschlicher Schafe in die Zukunft dirigieren können. „Die Leute“, sagt er mit verächtlichem Schnauben, „glauben, sie heißen Bob, und in diesem Glauben sterben sie auch.“

Doch neben seiner Religion ist Busta Rhymes ein Popstar, was bedeutet, daß es so arg dogmatisch dann doch nicht zugehen muß. Sagt er auf der einen Seite, daß es ihm „um die Vermittlung der rohesten Form von Wahrheit“geht, so relativiert er dies kurze Zeit später, indem er seine öffentliche Person als Fassade abtut. „Busta Rhymes ist nur ein Name für mich, wenn ich Musik mache. Das ist meine profitable Marke. Wenn ich meinen wahren Namen einsetzen wollte, hätte ich es gemacht, aber ich hatte nicht das Gefühl, daß meine real life issues etwas sind, das die Industrie respektiert.“

Und da dem so ist und er neben der Vermittlung einer Botschaft auch eine Familie zu ernähren hat, gibt er sowohl gute Musik und sprachlichen Überschuß als auch all das, was eben jene Bobs vermeintlich wollen: Kitsch, Pomp und Ficki-Ficki. So können wir nur darauf hoffen, daß live auch Trevor Smith nach außen tritt. Dann wird vielleicht wirklich einmal der „mode geflipt“, das System verändert.

Holger in't Veld

Di, 7. April, 21 Uhr, Große Freiheit