Zensur nach Ladenschluß

Vitaminreiche Kost verboten: Bei „Spar Expreß“am Schulterblatt gibt's nach dem gesetzlichen Ladenschluß nur noch Junk-Food  ■ Von Elke Spanner

Bier ja, Wein nein. Mineralwasser schon, aber nicht aus der Dose. Auch vor dem eingeschweißten Nortroper Bierschinken in der Abteilung „pikante Frische“rollt eine Jalousie herunter, während es Zartbitterschokolade noch lange zu kaufen gibt. Das Ladenschlußgesetz teilt die Lebensmittel bei „Spar Expreß“am Schulterblatt in erlaubte und verbotene. Nach 20 Uhr an Werktagen, nach 16 Uhr am Samstag und sonntags den ganzen Tag über darf nur ein Teil des Sortiments verkauft werden. Die Gemeinsamkeit von Bratkartoffeln aus der Tüte und Orangensaft mit fünf Prozent Fruchtgehalt: Es gibt sie auch an der Tankstelle – und deshalb nach Ladenschluß auch bei „Spar Expreß“.

Die Lizenz, überhaupt jenseits von Aldi und Penny noch geöffnet zu haben, gab es bei der Eröffnung vor einem Jahr nur, weil der Laden nicht als Supermarkt, sondern als Gaststätte angemeldet wurde. Und in der Tat deckt „Spar Expreß“den Lebensmittel-Bedarf der AnwohnerInnen nur begrenzt ab. Zwar gibt es dort „Fix-Soße für Hackbraten“, den Braten dazu sucht man jedoch vergeblich. Und wer Essen mit Vitaminen zu sich nehmen möchte, ist auch an der falschen Adresse. Gemüse gibt es nur tiefgefroren und verhackstückt als „China-“oder „Bauernmischung“.

Verglichen mit dem Schnäppchen-Schuhladen, der vorher am Schulterblatt residierte und einen Großteil der Anwohnenden mit billigen Schuhen versorgte, ist „Spar Expreß“in der Regel auffallend menschenleer. Doch diejenigen, die dort shoppen gehen, tun das offenbar mit Herzblut. Um eine Sondergenehmigung für den Verkauf der Hackbratensoße auch nach Ladenschluß zu erstreiten, sammelten sie sogar Unterschriften. Vergeblich. Statt dessen sieht es nach 20 Uhr bei „Spar Expreß“aus wie im Tresorraum der Deutschen Bank: Rechts silbrig schimmernde Jalousien, links weiße Vorhänge, daneben Plastikverkleidungen – und dazwischen Keks und Schokolade.