Sozialdemokraten ohne Filz und Tadel

■ Debatte: SPD beharrt auf PUA-Vorsitz. GAL gallig. CDU findet's unzumutbar

Erstauntes Raunen war auf den Abgeordnetenbänken zu hören: Die neue Senatorin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karin Roth (SPD), wurde gestern in der Bürgerschaft mit 82 Ja- und 31 Neinstimmen gewählt. Die CDU blickte sich hektisch um: Rot-grün hat, wenn alle da sind, nur eine Mehrheit von 75 Abgeordneten. Welcher Christdemokrat hatte denn da für die Nachfolgerin der wegen Filzvorwürfen zurückgetretenen Helgrit Fischer-Menzel (SPD) votiert? Doch dann: April, April, beziehungsweise peinlicher Fehler beim Auszählen. Es waren doch nur 72 Ja- und 41 Neinstimmen, und damit war die parlamentarische Welt wieder in Ordnung.

Unordnung brach jedoch erneut in der ersten Debatte der Aktuellen Stunde aus, beim von der CDU angemeldeten Thema „Parlamentarischer Untersuchungsausschuß: Plädoyer für eine unvoreingenommene Aufklärung“. Ordnungsgemäß stünde der SPD der Vorsitz des Untersuchungsausschusses zum SPD-Filz in der Sozialbehörde zu, den die CDU heute beantragen will. Doch „manchmal ist man gut beraten, auf Dinge zu verzichten, auf die man Rechtsanspruch hat“, sagte der CDU-Fraktionschef Ole von Beust. „Lassen Sie einen Kollegen von den Grünen den Vorsitz übernehmen“, appellierte er an die SPD. Denn es sei für jeden Sozialdemokraten „eine Überforderung“, selbst „hoch betroffen“zu sein und gleichzeitig die Aufklärungsarbeit zu leiten. Schließlich würde es „teilweise um alte Freunde, ehemalige Fraktionskollegen, langjährige Mitstreiter“gehen. Einer wie der GAL-Fraktionsvize Martin Schmidt könne hingegen „ohne persönliche Konflikte Aufklärung herbeiführen“.

„Ihre Fürsorglichkeit brauchen wir nicht“, schnappte SPD-Fraktionschef Holger Christier. „Wenn uns dieser Vorsitz zusteht, werden wir ihn auch übernehmen.“Deshalb werde man „staubtrocken“nach Recht und Gesetz gehen, alles andere sei „Manipulation“. Die CDU habe „uns diese Diskussion aufgedrängt“, und die GAL sei „in die Honigfalle“getappt.

Es sei „völlig unangebracht, von Honigfallen, Manipulation und beschnittenen Rechten zu sprechen“, wies GAL-Fraktionschefin Antje Möller den Sozialdemokraten zurecht. SPD-Filz beschäftige die Menschen zur Zeit nun mal. „Etwas mehr Sensibilität“gegenüber „den Befindlichkeiten der Menschen in dieser Stadt“hätte der SPD gut gestanden. Den PUA-Vorsitz abzugeben, „wäre ein gutes Signal gewesen“.

Silke Mertins/ Fotos: H. Scholz