Radiomacher reichlich ratlos

■ Laut Media-Analyse schalten wieder weniger HörerInnen Radio Bremen ein / Nur Bremen 4 legt – nur – im Umland zu

Dieser Mann wiederholt sich. „Originäre Anstrengungen“und eine „manöverkritische Auseinandersetzung“kündigte Radio Bremens Hörfunkdirektor Hermann Vinke schon 1994 an. Laut Media-Analyse, die im Auftrag von Radiosendern, Werbetreibenden und Agenturen erstellt wird, war die Quote des Hörfunk-„Flaggschiffs“Hansawelle damals im gesamten Sendegebiet um fast zehn Punkte von 33,2 auf 23,8 Prozent zusammengeschmolzen. Auch gestern kündigte Vinke Konsequenzen an: „Wir werden nicht so weitermachen wie bisher.“Nach der neuen Media-Analyse (MA) wollen im Sendegebiet inzwischen nur noch 11,5 Prozent (vorheriger Wert: 13,3 Prozent) die Hansawelle hören.

Doch nicht nur die Quoten für die Hansawelle und die Zahlen aus dem Sendegebiet treiben Vinke und den Chefs der vier Wellen Sorgenfalten auf die Stirn. Mit Ausnahme der Jugendwelle Radio Bremen 4, die im Sendegebiet leicht auf 9,4 Prozent zulegen konnte, aber im Land Bremen einen Verlust um drei Punkte auf 17,2 Prozent hinnehmen mußte, setzt sich der Abwärtstrend auf allen drei anderen Hörfunkwellen des kleinsten ARD-Senders fort. Auf die „Was haben Sie gestern gehört“-Frage antworteten innerhalb der Bremer Landesgrenzen nur noch 26,4 Prozent mit „Hansawelle“(vorher 32,6 Prozent) und fünf Prozent mit „Radio Bremen 3 Melodie“(vorher 6,2 Prozent). Das Kulturprogramm Radio Bremen 2 rutschte von 3,2 Prozent wieder ab auf die 1996er-Quote von 2,2 Prozent. Gewinner im Radio-Bremen-Sendegebiet sind der Schlager- und Heimatfunk NDR 1 (31,1 Prozent) und Radio ffn (14,9 Prozent). In Bremen konnte auch Hit-Radio Antenne von 10,6 auf 13,5 Prozent zulegen.

„Die Gefahr, daß Radio Bremen zwischen dem NDR und den Privaten zerrieben wird, ist nicht gebannt“und sei existenziell bedrohlich, kommentierte Hermann Vinke diese Zahlen, die sich allein in Bremen auf über 1.500 Interviews stützen. Vinke strebt eine engere Kooperation mit dem NDR an, und nannte jedoch erst auf Nachfrage die Stichworte Digitalisierung, Verkehrsfunk oder Kulturbereich, in dem „eine Konkurrenz nicht notwendig ist“. Die betroffene Welle Radio Bremen 2 bezeichnete er aber zugleich auch als „Kern dieses öffentlich-rechtlichen Senders“.

Unverhohlenen ratlos nahm Hansawellen-Chef Christian Berg zu den Zahlen dieser „Imagebefragung“Stellung. Nach seiner Auffassung ist das mit Slogan „ohrsinnig gut“werbende Programm unter den Konkurrenten von Antenne bis NDR 2 die einzige populäre Welle mit ausgeprägtem journalistischen Profil. „Ich frage mich: Geht journalistisches Radio noch?“Und zum senderinternen Wort des Jahres „Regionalisierung“: „Wir haben zu Gunsten der regionalen Berichterstattung das Bremische verdrängt: Ist das die Quittung?“Antworten erwartet Berg von Detailanalysen des HörerInnenverhaltens.

Peter Welfers, seit wenigen Monaten für die Melodiewelle verantwortlich, begründete den Rückschlag vor allem damit, daß das Programm erst seit zweieinhalb Jahren besteht. Doch aus dem nach den Analysedaten fehlgeschlagenen „Angriff“auf die Konkurrenz NDR 1 wollten weder Welfers noch Vinke Konseqenzen ziehen. Welfers: „Das Konzept ist nicht falsch“. ck