■ USA attackieren Japan und EU wegen beschränktem Freihandel
: Schuld sind immer die anderen

Die USA setzen sich vehement für freien und fairen Welthandel ein. Vorwiegend bei anderen. Wann ein Markt offen ist, definieren die USA, und zwar so: Wenn US-Exporteure auf einem Markt, sagen wir dem japanischen, nicht erfolgreich sind, dann ist der Markt eben nicht offen. In ihrem 13. Handelsbericht hat die US-Regierung nun insgesamt 49 Ländern – insbesondere der EU, Japan, China und Süd-Korea – unfaire Handelspraktiken vorgeworfen.

Der aggressive Ton des Berichts entspricht genau der Handelspolitik der Clinton-Regierung, und diese Politik wiederum entspricht der öffentlichen Meinung in den USA. Demnach sind die ausländischen Handelspartner schuld, wenn US-Jobs abwandern oder Firmen pleite gehen. Das gigantische Handelsbilanzdefizit der USA ist natürlich auch Schuld der anderen. Dabei sind die US-Handelspraktiken nicht liberaler als die anderer Staaten. So haben die Vereinigten Staaten schon mal 100prozentige Zölle gegen japanischen Autos verhängt, sie haben sich auch jahrelang gegen die Öffnung der Finanz- und Telekommärkte gesträubt.

Richtig ist zwar, daß es nach dem Zweiten Weltkrieg die USA – damals industriell unangefochten an der Spitze – waren, die weltweit offene Märkte durchgesetzt haben. Als aber immer mehr Weltregionen – erst Europa und dann Asien – aufgeholt und die USA zum Teil überholt haben, änderte sich die Stimmung. Das Verschwinden etwa der Foto- oder Fernsehhersteller aus den USA schien die Böswilligkeit der Handelspartner zu belegen.

Die Angst vor dem Weltmarkt führte inzwischen dazu, daß im Herbst Präsident Clinton sein Verhandlungsmandat für Handelsabkommen an den Kongreß verloren hat. Derzeit versuchen breite Teile des Kongresses, den US-Beitrag zu den IWF-Zahlungen an die ostasiatischen Krisenländer zu stoppen.

Die Regierung räumt zwar ein, daß die Vorstellung, der Weltmarkt sei an allem Übel schuld, falsch ist. Wie Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky in ihrem Bericht durchaus auch meldet, hat der Export letztes Jahr über 40 Prozent zum Wirtschaftswachstum der USA beigetragen. Die US-Wirtschaft braucht offene Märkte, allen isolationistischen Tendenzen im Land zum Trotz. So setzt sich die Regierung für verstärkten transatlantischen Freihandel ein. Um auf dem Weltmarkt handlungsfähig zu bleiben, muß der Präsident Härte zeigen. Die Signale sind aber eher für die Innenwirkung gedacht als für den Rest der Welt. Nicola Liebert