Ozonsmog über dem Südpazifik

■ Tausendmal höhere Werte als beim Ozonalarm maßen Forscher über dem Südpazifik – das Reizgas stammt aus Bränden in Brasilien

Berlin (taz) – Ozonsmog ist beileibe kein Privileg von verkehrsgeplagten Großstädten. Amerikanische Forscher fanden beunruhigend hohe Ozonwerte im Südpazifik in den Regionen um Fidschi und die Osterinseln. Das berichtete gestern die Arbeitsgruppe von Nobelpreisträger Sherwood Rowland von der Universität von Kalifornien, Irvine, auf der Tagung in Dallas. In einem Fall erreichten die per Flugzeug gemessenen Ozonkonzentrationen den Extremwert von 260.000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – das ist tausendmal mehr als der Merkel-Grenzwert für Ozonalarm. Die Gruppe sprach von einem der „größten atmosphärischen Probleme des 21. Jahrhunderts“.

Was Sherwood Rowland und seine Kollegen beunruhigt, ist die Ausdehnung der Ozongebiete: Sie umfaßten fünf Millionen Quadratkilometern, das ist vierzehnmal so groß wie Deutschland. Normalerweise treten erhöhte Ozonwerte nur regional in Ballungsgebieten auf.

Außerdem sind Fidschi und die Osterinseln nicht gerade für Staus und Verkehrsmassen bekannt. Die Forscher verfolgten die Ozonschwaden zurück in Regenwaldgebiete, wo massiv brandgerodet wird. „Wir waren überrascht, daß es über so große Distanz gewandert ist“, sagte Koautor Donald Blake. „Wir hätten gedacht, daß sich das Ozon mehr verdünnt.“ Demnach wanderte das Ozon bis zu 15.000 Kilometer weit.

Die Meßdaten stammen von 1996. Es ist daher wahrscheinlich, daß nach den verheerenden Bränden in Indonesien und Brasilien nun noch höhere Ozonkonzentrationen auftreten. Die Auswirkungen auf die Gesundheit sind noch unklar, da die Flugzeuge in Höhen von drei bis acht Kilometern gemessen haben. Blake ist jedoch sicher: „Was aufsteigt, kommt auch wieder runter – das Ozon kann sich schließlich wieder mischen mit der Luft, die wir atmen.“

Ozon ist Fluch und Segen zugleich. In der äußeren Atmosphäre schützt es vor gefährlicher ultravioletter Strahlung der Sonne. Für die Entdeckung des Ozonloches erhielt Rowland 1995 zusammen mit dem Mainzer Forscher Paul Crutzen den Nobelpreis. In Bodennähe ist es ein gefährliches Reizgas, daß Atembeschwerden und Asthma auslösen kann und das Wachstum von Pflanzen mindert. Es entsteht aus einer chemischen Reaktion in der Luft, wenn Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und viel Sonnenlicht zusammenkommen. Das ist an vielbefahrenen Straßen im Sommer der Fall. Auch die unvollständige Verbrennung bei Waldbränden oder von Petroleum, wie in Mexico City und Santiago de Chile, können die bodennahe Ozonbildung in Gang bringen. Matthias Urbach