Eine Fahrradbremse für ein großes Auto

Die EU-Kommission legt Plan zur Drosselung der CO2-Emissionen im Verkehr vor. Sie setzt vor allem auf bessere Organisation. Grundsätzlich ist sie einverstanden mit der Selbstverpflichtung der Autoindustrie  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Die EU-Kommission zog Dienstag nachmittag in Straßburg eine CO2-Bilanz für den Verkehr: Kamen 1985 noch 19 Prozent des Klimakillers aus Auspuffrohren, waren es zehn Jahre später bereits 26 Prozent. Und wenn nichts geschieht, werden Autos und Flugzeuge im Jahr 2010 für etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sein.

Daß es so kommt, sieht der für Energie und Kleinunternehmen zuständige EU-Kommissar Christos Papoutsis nicht ein. Denn schließlich hat die EU beim Klimagipfel in Kioto eine CO2-Reduzierung um acht Prozent versprochen – und wenn die Emissionen beim Verkehr steigen, muß bei seiner Klientel massiver gespart werden. Verkehrskommissar Neil Kinnock und der für Wirtschaft zuständige Martin Bangemann wollen möglichst wenig Einschränkungen für Autoindustrie und -fahrer. „Und Umweltkommissarin Bjerregaard ist schwach“, sagt Sascha Müller- Kraenner vom Deutschen Naturschutzring (DNR).

Das Papier, das die Kommission zur CO2-Reduzierung vorgelegt hat, spiegelt die Widersprüche. Erklärtes Ziel ist eine Halbierung der Kohlendioxidzunahme beim Verkehr. Im Klartext: Ein Anwachsen der Abgase wird akzeptiert – es soll nur langsamer vonstatten gehen als ohne Maßnahmen. Erreicht werden soll dies durch Verkehrsleitsysteme, eine bessere Auslastung der LKW, Investitionen in den Schienenverkehr und die Reduzierung des Spritverbrauchs.

„Im Prinzip ja“, sagen die Kommissare zur freiwilligen Selbstverpflichtung, die der europäische Automobilverband (ACEA) vergangene Woche vorgeschlagen hatte. Der ACEA schlägt ein EU- Durchschnittsauto mit sechs Litern Spritverbrauch im Jahr 2008 vor. Dieser Wert soll allerdings nicht für jeden Hersteller, sondern für sämtliche Autoproduzenten zusammen gelten. BMW, Mercedes und Volvo sehen darin die Chance, so fortzufahren wie bisher, während die französischen und italienischen Autobauer hoffen, ihren Beitrag zur Einhaltung der Selbstverpflichtung bezahlt zu bekommen. Die EU-Kommission hatte ursprünglich von jedem Hersteller 5-Liter-Autos gefordert und hohe Strafen angedroht. Jetzt heißt es nur lapidar: Die Kommission möchte mit dem ACEA zu einer Vereinbarung kommen.

Unklar ist, ob das Europaparlament durch eine freiwiliige Selbstverpflichtung ausgebootet würde. Bei einer Richtlinie hätten die Abgeordneten Mitspracherecht. Doch wie ist es mit einer Vereinbarung zwischen Kommission und Industrie? Die Energiewirtschaft verfolgt das Geschehen mit Spannung. Auch sie würde gerne ohne Umweltrichtlinie leben.