Thoma ade: Wechsel bei RTL

■ Der Nachfolger des RTL-Senderchefs steht fest: Mit dem bisherigen ORF-Intendanten Gerhard Zeiler soll wieder ein Österreicher die ungelösten Probleme des Marktführers angehen

Berlin (taz) – Europas gewinnträchtigster Privatfernsehsender RTL hat einen Nachfolger für Helmut Thoma verpflichtet. Es ist Gerhard Zeiler, derzeit Generalintendant des öffentlich-rechtlichen Österreichischen Rundfunks (ORF). Der Machtwechsel soll am 1. November vollzogen werden. Thoma werde dann Aufsichtsratschef, teilte RTL-Hauptgesellschafter CLT/UFA mit, der von Bertelsmann kontrolliert wird. Der Wiener Thoma erklärte, er kenne seinen Landsmann Zeiler schon lange und freue sich auf die Zusammenarbeit.

„Mr. Fernsehen“ (Bunte) führte in Deutschland bis dato unbekannte Formate ein wie die Strip- Spielshow „Tutti frutti“, Reality-TV, eine Late-night-Show und die Werbekreisch-Sendung „Der Preis ist heiß“. Im Quotenwettbewerb zog RTL an allen vorbei. So stabil, daß es schon wie ein kleines Wunder aussah, als die ARD in den beiden ersten Monaten dieses Jahres erstmals höhere Einschaltziffern erreichte als RTL.

Gestern konnte RTL freilich wieder verkünden, im März sei man mit einem Marktanteil von 16,2 Prozent wieder vorne gewesen. Spitzenpreise für seine Werbezeiten erzielt RTL bei der Formel1 und der Fußball-Champions- League.

Heute darf Thoma zum letzten Mal als Chef der Öffentlichkeit seine Bilanzzahlen vorlegen. Wie die taz erfuhr, lag der Gewinn im vergangenen Jahr bei 170 bis 180 Millionen Mark vor Steuern.

Das Problem des Senders sind mangelnde Weiterverwertungsmöglichkeiten. Die ARD kann ihre Filme und Programmformate nicht nur im Ersten, sondern auch in den Dritten Programmen versenden. Pro7 hat dafür den Schwestersender Kabel1. RTL-Gesellschafter CLT/UFA ist zwar an Vox und RTL2 beteiligt, kontrolliert sie aber nicht vollständig. Thoma hatte als Lösung des Problems immer die Gründung einer Senderfamilie vor Augen gehabt, diesen Traum aber nicht verwirklichen können.

Eigentlich soll der 58jährige Thoma die Absicht gehabt haben, seinen Vertrag bis 2004 zu verlängern. Doch beim Bertelsmann- Konzern liegt die Altersgrenze für Spitzenmanager bei 60 Jahren. Wiederholt wurde von Ärger zwischen Thoma und den Bertelsmann-Oberen berichtet, die er durch seine Kritik an den risikoreichen Pay-TV-Plänen des Konzerns vergrätzt hatte.

So lästerte er über den digitalen Decoder d-Box, auf den sich Bertelsmann mit Kirch geeinigt hatte: „Mit der kann man alles mögliche machen – wahrscheinlich auch Motorroller fahren oder kochen – aber nicht ganz einfach fernsehen.“ In Interviews verspottete der redegewandte Wiener die „Bertelsmann- Controlletis“, die sich ihrerseits über Thomas teure Filmeinkäufe erregt haben sollen, die die Gewinne schmälerten.

Erst vor kurzem wurde der Vertrag von RTL-Informationschef Hans Mahr verlängert, einem weiteren Österreicher. Unklar ist, ob auch Programmdirektor Marc Conrad bei RTL bleibt. Conrad war neben Zeiler ebenfalls als Kandidat für den RTL-Chefsessel gehandelt worden. Über eine Vertragsverlängerung gebe es nun „konstruktive Gespräche“ mit Conrad, heißt es bei der CLT/ UFA. Georg Löwisch