Pieroths Truppe schröpft den Bundestag

■ Während Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) die Mittelstandsvereinigung der Partei leitete, benutzte die Organisation unrechtmäßigerweise Telefone des Bundestages und ließ sich Personal bezahlen.

CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth ist unter Beschuß geraten. Grund sind Vorwürfe der illegalen Parteienfinanzierung gegen die Mittelstandsvereinigung (MIT) der CDU/CSU, deren Vorsitzender Pieroth von Juni 1987 bis April 1993 war. Nach einem Bericht des Spiegels haben die in Bonn ansässige Geschäftsstelle und der Verlag der MIT 20 Jahre lang das Telefonnetz des Bundestages genutzt und ungerechtfertigterweise Angestellte aus dem Mitarbeiterpool des Bundestages beschäftigt. Die Staatskasse sei dadurch mit etwa 1,2 Millionen Mark belastet worden.

Die Finanzpraktiken waren Anfang 1993 bekanntgeworden – zu einer Zeit, als Pieroth noch die Verantwortung innehatte. Der Wirtschaftssenator sagte, er selbst habe erst Ende 1993 oder Anfang 1994 von den Vorwürfen erfahren. Die Verantwortung für die Vorfälle wies er zurück: „Mit der täglichen Geschäftsführung habe ich nichts zu tun gehabt.“ Wie der Hauptgeschäftsführer der MIT, Hans-Dieter Lehnen, jedoch bestätigte, wurde der Geschäftsbericht dem Vorsitzenden jährlich vorgelegt. Er schlüsselt auch die Telefon- und Personalkosten detailliert auf. Erst seit 1996 wird der Geschäftsbericht von einer unabhängigen Steuerberaterin überprüft.

Sowohl Pieroth als auch Lehnen rechtfertigten den Anschluß von Telefonen an das Netz des Bundestages damit, daß mehrere Mitglieder der Mittelstandsvereinigung zeitgleich ein Abgeordnetenmandat innegehabt hätten. Da sie Büros in der Geschäftsstelle des MIT unterhalten hätten, sei ihr Anspruch auf dienstliche Telefone gerechtfertigt gewesen. Auch die Beschäftigung von Angestellten aus dem Mitarbeiterpool des Bundestages begründeten sie in ähnlicher Weise. Mehrere Abgeordnete hätten sich aus den ihnen zustehenden Finanzmitteln eine Sekretärin „geteilt“ und in den Büros der MIT beschäftigt. Warum allerdings die Chefredakteurin und eine Redaktionsassistentin des Mittelstandsmagazins von 1980 bis 1993 auf der Lohnliste des Bundestages standen, konnten sie nicht erklären.

Fraglich erscheint ferner, ob Telefone ausschließlich für die Abgeordnetenarbeit genutzt wurden und die Angestellten ausschließlich für die Abgeordnetenarbeit zuständig waren. Die Finanzierungspraktiken wurden laut Spiegel 1993 auf Betreiben des neuen Hauptgeschäftsführers Peter Helm eingestellt. Telefonrechnungen in Höhe von 6.000 Mark seien beglichen worden. Weitere Kostenbelege habe man aus Gründen des Datenschutzes vernichtet. Sie könnten heute nicht mehr vorgelegt werden, hieß es aus der Bundestagsverwaltung. Allerdings habe eine Nebenstelle auf Bundestagskosten noch bis April 1994 fortbestanden. Rückwirkend habe die MIT 1.226 Mark an den Bundestag bezahlt. Der Mitarbeiterpool des Bundestages wurde im Herbst 1993 aufgelöst. Seitdem muß die MIT die Personalkosten komplett selbst bezahlen. Peter Kasza