Werder wird Mittelmaß

■ Werder verliert seit 19 Jahren erstmals im Weserstadion gegen Bayern mit 0:3

Was ist passiert? Wie konnte es dazu kommen? Zum ersten Bayern-Sieg in Bremen nach fast zwei Jahrzehnten? Dazu, daß ausgerechnet Werder die Münchner wieder zu Meisterschaftsaspiranten aufbaut, Mehmet Scholl zu einem ernsthaften Anwärter auf einen WM-Platz macht und auch noch Carsten Janckers Torflaute beenden hilft?

Es ist wohl höchste Zeit, endlich einer bitteren Tatsache ins fahle Auge zu blicken: Die Ursache für all das ist – Mittelmäßigkeit. Das Resümee dieses Spiels kann nur lauten: Werder ist ohne Herzog gut für Platz 12; mit Herzog für Platz 8.

Der Reihe nach: Der Schiedsrichter war nicht schuld; auch wenn man über den Elfmeter, der zum 0:1 führte, geteilter Meinung sein kann. Aber sowas kommt eben von sowas: Wenn in der 6. Minute schon zum zweiten Mal ein Spieler frei vor Reck auftaucht – diesmal Elber –, wenn Reck herausläuft und mit der Hand das Bein von Elber berührt, dann gibt es bei so manchem Schiedsrichter Strafstoß.

Werder hatte im gesamten Spiel zwei Chancen; die Bayern hatten ungefähr zehn. Nur während gut einer halben Stunde, von der zwanzigsten bis zur sechzigsten Minute, war Werder halbwegs gleichwertig. Und zum Schluß hatte bei den Bremern überhaupt keiner mehr Lust – außer Dieter Eilts natürlich; so daß die saumäßige Torbilanz gut und gerne noch saumäßiger hätte werden können.

Es waren wohl auch nicht alle Trainerentscheidungen richtig: Torsten Frings ist sicher ein großes Talent, aber nach seiner Vorstellung in Hamburg wäre er besser draußen geblieben. Eilts als Sonderbewacher für Scholl – das hätte dem Spiel durchaus einen anderen Verlauf geben können. Herzog hatte sichtlich Angst um seinen Zeh; verständlich, aber für das Spiel nicht förderlich. Und die Einwechslung von Labbadia zur Halbzeit brachte dasselbe wie immer: Nichts. Daß schließlich zu Flo und Labbadia im Sturm auch noch Arie van Lent hinzukam – für so etwas bescheinigt man dem Trainer im Regelfall Mut. Ergebnis dieser Maßnahme war aber nur, daß jedes Mittelfeld fehlte, während ganz vorne „Der alte Mann und das Doppelmonster“gegeben wurde. Aber vielleicht ist Wolfgang Sidka auch nur ein Trainer für Platz 8.

Daß vor Spielbeginn aus der Ostkurve größere Obstmengen in Richtung Oliver Kahn flogen, gezielt und hart geworfen; daß dadurch auf dem Gang zur Kabine ein Bananenbrei entstand, auf dem Sidka sich in der Pause beinahe auf die Nase gelegt hätte – all das fügt sich fast symbolisch in das deprimierende Gesamtbild.

So richten sich die Zuschauer auf dem Nachhauseweg darauf ein, daß es in der nächsten Zeit – vielleicht für die nächsten Jahre – immer nur zu einem Mittelplatz in der Tabelle reichen wird. Darauf, daß Werder Bremens große Zeit eben vorbei ist. Und dachten doch: Was wäre gewesen, wenn Herzog heute richtig fit gewesen wäre? Und Maximow auch? Und beide zum ersten Mal zusammen im Mittelfeld ...? Wer weiß ...?

Stefan Pulß

Stefan Pulß ist Moderator bei Rdio Bremen Hansawelle.