Steuerfreies Darlehen als „Aufwandsentschädigung“

■ Wirtschaftssenator Elmar Pieroth soll als Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der CDU Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Pieroth weist die Vorwürfe zurück

CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth soll als Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung (MIT) der CDU/CSU Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben. Diese neuen Vorwürfe erhebt der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe. Bislang war dem CDU-Politiker in diesem Zusammenhang bereits illegale Beschäftigung vorgeworfen worden (taz vom 3.4.)

Pieroth, zur fraglichen Zeit sowohl Mitglied des Abgeordnetenhauses als auch Vorsitzender der in Bonn ansässigen Mittelstandsvereinigung, habe 1989 dafür gesorgt, daß sein Büroleiter Rainer Jäck 15.000 Mark vom MIT erhält. Gedacht war das Geld als eine Art „Aufwandsentschädigung“, weil sich Jäck neben seiner Aufgabe für den Abgeordneten Pieroth auch noch um Belange des MIT-Vorsitzenden Pieroth kümmerte. Warum das Geld in den MIT-Büchern als Darlehen und nicht als Auszahlung deklariert war, hat einen einfachen Grund. Während eine Auszahlung versteuert werden muß, ist ein Darlehen steuerfrei. 1995 war das Darlehen durch zwei Schecks von jeweils 7.500 Mark zurückgezahlt worden – aber nicht von Jäck, sondern von dessem Chef Pieroth selbst. Pieroth erhielt vom MIT zwei Spendenquittungen, um den Betrag von der Steuer absetzen zu können. Die Quittungen waren auf seinen Bruder und dessen Frau ausgestellt.

Pieroth wies den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zurück. Die Spenden an das MIT hätten nichts mit den Zahlungen an seinen Mitarbeiter zu tun. Ein interner Aktenvermerk, der der taz vorliegt, spricht jedoch eine andere Sprache. Gerd Thomas, MIT- Organisationsleiter, vermerkte: „Mit diesen Schecks wird das Darlehen ausgebucht.“

Bereits letzte Woche war bekanntgeworden, daß die Mittelstandsvereinigung Partei- und Lobbyarbeit illegal aus Steuermitteln finanziert hatte. Einige Telefone der Vereinigung haben bis zu zwanzig Jahre am Netz des Bundestages gehangen, Angestellte wurden aus Mitteln des Bundestages bezahlt. Die Staatskasse soll laut Spiegel um etwa 1,2 Millionen belastet worden sein. Die Vorkommnisse fielen teilweise in die Amtszeit Elmar Pieroths bei der MIT. Pieroth bestreitet, von den Vorgängen gewußt zu haben, obwohl ihm jährlich ein Geschäftsbericht vorgelegt wurde.

Die Finanzpraktiken der MIT waren bekanntgeworden, nachdem der ehemalige MIT-Hauptgeschäftsführer Peter Helmes Ende März in einem Brief an zwei Vorstandsmitglieder der Mittelstandsvereinigung die Finanzpraktiken des MIT detailliert geschildert und führende Mittelstandspolitiker der Union belastet hatte. Helmes hatte sich empört über Verleumdungen aus den eigenen Reihen gezeigt. Deshalb wollte er jetzt auspacken, hieß es im Spiegel. Peter Kasza