Keine Gnade unter dem Kreuz

■ Die Bremische Evangelische Kirche macht Personalabbau wahr: MitarbeiterInnen berichten von derben Rausschmißmethoden / Vom Abbau sind vor allem Frauen betroffen

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) entläßt ihre Kinder. Die Arbeitgeberin von 1.500 Beschäftigten hat im letzten Jahr bereits 30 Angestellte „betriebsbedingt“entlassen – und der Personalabbau geht weiter. Doch unter dem steigenden Spardruck sind die Gemeinden jetzt offenbar nervös geworden: MitarbeiterInnen berichten gegenüber der taz von „derben Rausschmißmethoden“. Außerdem gebe es Druck, um die Beschäftigten auf Teilzeitstellen zu drücken. Die Betroffenen selbst wollen sich aus Angst vor Konsequenzen aber nicht öffentlich äußern. Sie holten sich Hilfe beim Rechtsanwalt.

Grund für die Kündigungen ist das Finanzloch in der Kirchenkasse. Die evangelische Kirche muß bis zum Jahr 2000 ihren jährlichen Etat von jetzt 108 Millionen Mark auf rund 65 Millionen Mark eindampfen – wegen Kirchenaustritten und sinkender Kirchensteuereinnahmen aufgrund von hoher Arbeitslosigkeit. Löhne und Gehälter machen bei der Kirche aber 75 Prozent der Gesamtkosten aus, der Sparhebel setzt also hier an – allerdings „sozialverträglich“: So jedenfalls hatte es die Kirche im vergangenen Jahr noch hoch und heilig versprochen.

Doch was die Betroffenen jetzt erlebt haben, spricht eine andere Sprache. „Das hat mit Nächstenliebe nicht mehr viel zu tun“, berichtet einer, der „enttäuscht“ist von seiner Gemeinde. Die Bremer Landeskirchenstruktur bringt es nämlich mit sich, daß die 69 Bremer Gemeinden völlig autonom sind. Der gemeindliche Kirchenvorstand – in dem vor allem Ehrenamtliche sitzen – entscheidet allein über Einstellungen und Entlassungen. Mitarbeitervertretungen, die ohnehin nur ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht besitzen, haben nicht alle Gemeinden gewählt – weil man ja „in Familie ist“. Die Nachteile schildert ein Mitarbeiter: Nie sei mit einem Kollegen offen über das Thema Kündigung geredet worden, berichtet er. Verhandlungen im Kirchenvorstand hätten hinter „verschlossenen Türen“stattgefunden. Um die Abfindung in voller Höhe hätte er mit Klauen und Zähnen kämpfen müssen.

Bittere Erfahrungen mit der Familie Kirche, die den BEK-Schriftenführer Louis-Ferdinand von Zobeltitz „ziemlich überraschen“. Denn „insgesamt“sei in den Gemeinden doch bisher alles „gut gelaufen“, weiß er, gibt dann aber doch zu: Natürlich sei es auch mal zu „ungeschickten Gesprächen“oder „unklaren Signalen“gegenüber Beschäftigten gekommen. Grundsätzlich hätte man sich aber „vorher gütlich ohne rechtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht geeinigt. Das zeigt doch, daß wir akzeptable Lösungen gefunden haben.“

Das sieht die BEK-Frauenbeauftragte Jutta Schmidt aber anders. Sie spricht von einem „unglücklichen weil in den Gemeinden zufälligen Personalabbau“, der vor allem Frauen treffe: Während nur 13 Prozent aller Pastoren auf Teilzeit umstiegen, mußten bereits 68 Prozent der GemeindesekretärInnen Stunden reduzieren. „Aber von 20 Stunden pro Woche kann man nicht mehr leben“, kritisiert sie und fordert jetzt eine „vernünftige Personalplanung mit neuen Arbeitszeitmodellen“. Aber dazu müsse übergemeindlich agiert werden – und das mit Zeit und Vernunft. Doch das wehrt BEK-Schriftführer Zobeltitz ab. Er verweist auf die erfolgreichen Teilzeitregelungen und auf die eben in Bremen geltende „autonome Gemeindestruktur.“

kat