■ Mit der Armut auf du und du
: Zerrissenes Hamburg

Hamburg (taz) – Bremen und Hamburg sind hierzulande die ärmsten Metropolen, wenn man nach der Zahl der Bedürftigen geht. In keiner anderen deutschen Stadt gibt es so viele Sozialhilfeempfänger: Die sogenannte „Laufende Hilfe zum Unterhalt“ erhalten in den beiden Hansestädten 9,3 Prozent beziehungsweise 7,7 Prozent aller Haushalte. Dagegen schneiden Rostock (3,1 Prozent), Leipzig (2,3 Prozent) und Dresden (1,4 Prozent) im Sozialwettbewerb am besten ab.

Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt der „Zweite Armutsbericht für die Freie und Hansestadt Hamburg“, veröffentlicht vom Landessozialamt. Zugleich wurde ein Städtevergleich veröffentlicht, der von der Unternehmensberatung Kienbaum „moderiert und begleitet“ wurde. Angestrebt wird von der originellen Kombination aus Sozialamt und Unternehmensberatung ein „Benchmarking“ für die Sozialhilfe, also ein Maßstab, an dem sich die Politik messen lassen kann.

„Das gute Abschneiden der Oststädte ist durch eine andere Ausgangslage bedingt“, analysiert der Armutsbericht. So ist der Anteil von ABM-Jobs und Umschulungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz in Ostdeutschland noch relativ hoch. Dadurch werde die Sozialstatistik geschönt. Allerdings dürfte die „Spitzenposition“ der beiden Hansestädte, so der Bericht weiter, auch dem Wandel von einer extensiven Hafenwirtschaft zu einem Dienstleistungs- und Logistikzentrum mit relativ wenigen Arbeitsplätzen geschuldet sein.

So tut sich besonders in Hamburg eine weite Kluft zwischen Arm und Reich auf. Die nördliche Hafenmetropole ist mit einer Steuerkraft pro Einwohner von 70 Prozent über dem Bundesdurchschnitt bei weitem das finanzkräftigste Bundesland und gilt obendrein als die reichste Großstadt in der Europäischen Gemeinschaft.

Rund 150.000 Menschen beziehen in der Hansestadt Sozialhilfe. Darunter befänden sich besonders viele Arbeitslose, heißt es in der Untersuchung des Landessozialamtes. Besonders betroffen von Armut seien „Alleinerziehende“: 35 Prozent aller Haushalte mit lediglich einem Elternteil beziehen Sozialhilfe. Immer stärker betroffen sind auch Kinder und Jugendliche. So sind 21 Prozent aller Hamburger Kinder im Alter bis sechs Jahren von Sozialhilfe finanziell abhängig. Auch bei der Kinderarmut zeigt sich eine wachsende Sozialkluft in den deutschen Großstädten: Während im wohlhabenden hanseatischen Stadtteil Walddörfer „nur“ knapp acht Prozent der kleinen Kinder von staatlicher Unterstützung leben müssen, sind es im sozial geplagten St. Pauli mehr als 30 Prozent. Hermannus Pfeiffer