Im Zuckerrausch

Das Fest der Fruchtbarkeit setzt ernährungsbewußte Eltern unter Erfindungsdruck  ■ Von Kaija Kutter

Wie schön war's doch früher. Da wurden bunte Eier in Haus und Garten versteckt, egal ob aus purem Zucker, süßem Gelee oder Fondants. Sie wurden von den Kindern eingesammelt, verspeist und verdaut. Die anschließende Übelkeit galt es zu überwinden. Und schon war Ostern vorbei. Heute wissen wir es besser. Im Zeitalter der Fluortabletten sind Eltern, die ihre Kinder nicht kariesfrei ins Schulalter bringen, jämmerliche Versager. Und bei Kindern, die an Neurodermitis oder Nahrungsmittelallergien leiden, ist mit übermäßigem Zuckerkonsum und Farbstoffen auch nicht zu spaßen. Was also tun, um Kindern dennoch den Glücksrausch bei der Ostereiersuche zu ermöglichen?

Rein in die Bio-Läden und Reformhäuser und dort die Auslagen mit Eiern aus Honig-Mandel-Aprikosenmatsch plündern? Klingt gesund, doch: „Honig ist schädlicher als Zucker“, sagt Gerd Eisentraut, Sprecher der Hamburger Zahnärzte, die im übrigen „keine Spielverderber“sein wollen. Eisentraut: „Lieber viel Süßes auf einmal als wenig über den Tag verteilt.“Vorausgesetzt, der Osterhase bringt die Zahnbürste gleich mit, damit sich im Mund gar nicht erst der schädliche Bakterienboden bilden kann.

„Mal ein Zuckerei führt nicht gleich zu Gesundheitsschäden“, sagt auch Gabriele Linder von der Verbraucherzentrale. Allerdings sollte man auf die genaue Kennzeichnung der Inhaltsstoffe achten. Alkohol im Schokoei muß ja nicht sein. Außerdem können die sogenannten Azo-Farbstoffe E 102, E 104, E 122, E 124 und E 127 zu allergischen Reaktionen führen. Unbedenklich seien dagegen Eier, die mit Carotinoiden (E 160), Clorophilen (E 140) oder Riboflavin (E 101) gefärbt sind. Außerdem seien Osternester aus Hefeteig ja auch was Feines, gefüllt mit selbstgefärbten Hühnereiern.

Doch nicht alle Kinder essen gerne hartgekochte kalte Eier. Zumal die ja auch geballte Ladungen Cholesterin enthalten. Ernährungsbewußte Eltern suchen also nach neuen Wegen, um für Osterersatz zu sorgen. Der kleine Robert etwa wird Sandförmchen bekommen, die teuren, Marke „Brio“. Lauras Mutter hat schon vor Monaten korrekte Ostereier beim Öko-Versand bestellt. Und die Mom von Lukas spezialisiert sich gerade darauf, Marzipaneier selbst herzustellen – dann weiß sie, was drin ist.

Und wir? Ich glaub, wir lassen Ostern ausfallen. Denn meine jüngste Idee, Gelee-Eier mit dem Zuckerersatzstoff Sorbit nach einem Rezept von Jean Pütz selber zu machen, taugt nicht viel. Zwanzig Gramm Sorbit am Tag, so warnt die Verbraucherzentrale, „und Ihr Kind kriegt Durchfall“.