Mit blauen Augen in die Zukunft

■ Milde Strafe für Ecstasy-Dealer: Zwei Jahre auf Bewährung

Dies ist die Geschichte von jemandem, „der von Sozialhilfe lebt und dann doch zu Geld kam“. Richter Ulrich Zahlten sagt es so trocken, als wolle er Sherwin T. seine Anerkennung aussprechen und ihn nicht, wie soeben geschehen, zu einer Haftstrafe verurteilen. Zwei Jahre auf Bewährung bekam der 23jährige dafür, daß er mit der Partydroge Ecstasy handelte – rund 15.000 Pillen brachte er im Frühjahr 1996 in der Technodisco „Tunnel“unters Partyvolk (taz berichtete). Sein Freund Claas M., der an einem Geschäft mit 4000 Tabletten beteiligt war, wurde zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt.

Allein daß Sherwin T. damals erst knapp 21 Jahre alt war, seine Lebensumstände „desolat“gewesen seien und er fast zwei Jahre auf seinen Prozeß warten mußte, bewahrte ihn vor dem Gefängnis. „Er ist mit mindestens zwei blauen Augen davongekommen“, mahnt denn auch der Staatsanwalt. Das Maß, in dem Sherwin T. Drogen veräußerte, sei „nicht unerheblich“gewesen. Dennoch befand Richter Zahlten, die Sache „ist nicht so, daß sie Ihnen die Zukunft verbauen muß“, und setzte die Strafe zur Bewährung aus.

Begonnen hatte alles mit einer Pille, die Sherwin T. selbst konsumierte, „weil Alkohol zu teuer war“. Dann kaufte er 50, „das war billiger“, und als er verhaftet wurde, hatte er 4000 Ecstasy bei sich.

Je mehr Drogen im Spiel sind, desto höher fällt auch die zu erwartende Strafe aus. Mit einer Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe – je nach Einzelfall mit oder ohne Bewährung – muß rechnen, wer mit einer „nicht unerheblichen Menge“erwischt wird. Davon ist laut Bundesgerichtshof (BGH) bei rund 300 Ecstasypillen auszugehen. Bei Sherwin T. allerdings war der Anteil des Wirkstoffes MDMA in den einzelnen Tabletten vergleichsweise gering, so daß das Landgericht erst 1000 Ecstasy für besonders viel befand. Zum Vergleich: Bei Cannabis gelten als „nicht unerhebliche Menge“rund 400 bis 500 Joints.

Elke Spanner