Milliardenteures Bauprojekt in Berlin geplatzt

■ Münchener Investorenehepaar Kottmair muß Grundstück an die Treuhand zurückgeben

Berlin (taz) – Neben den Glaspalästen der Daimler-Tochter debis am Potsdamer Platz wird in der Berliner Mitte weiterhin eine Sandwüste liegen. Nach monatelangem Hin und Her ist gestern endgültig das 1,2-Milliarden-Projekt des Münchner Investorenehepaars Peter und Isolde Kottmair am benachbarten Leipziger Platz geplatzt. Dies bestätigte der Verkäufer des 26.000 Quadratmeter großen Grundstücks, die Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG), gegenüber der taz. Laut TLG-Sprecherin Elke Schicktanz werde das Geschäft nun „rückabgewickelt“. Die TLG hatte das Areal 1995 für 310 Millionen Mark an die Kottmairs verkauft. Trotz mehrerer Fristsetzungen hatte das in der Branche als Glücksritter geltende Paar die erste Rate des Kaufpreises in Höhe von 35 Millionen Mark nicht überwiesen.

Mit dem Kaufvertrag ist auch die städtebauliche Planung des verstorbenen italienischen Architekten Aldo Rossi Makulatur. Zwischen dem ehemaligen Wertheim-Kaufhaus von Alfred Messel und der Wilhelmstraße hatte Rossi ein Legohaus-Ensemble vorgesehen, in dessen Mitte ein 25 Meter hoher und 70 Meter weiter Kuppelraum entstehen sollte. In diesem „Showtheater des 21. Jahrhunderts“ mit einem Fassungsvermögen von 1.600 Zuschauern sollte nach dem Willen der Kottmairs der kanadische Cirque du Soleil als Mieter einziehen. Am Leipziger Platz selbst hatte Rossi monumentale Arkaden für Restaurants und Geschäfte vorgesehen. Der Bau wäre damit neben dem Quartier Schützenstraße in Mitte und den Landsberger Allee Arkaden in Lichtenberg das dritte Projekt der Kottmairs nach den Entwürfen von Rossi in Berlin gewesen.

Doch der Show-Glanz im Herzen Berlins wurde schon bald von einem erbitterten Streit zwischen Investoren und TLG getrübt. Stein des Anstoßes war ein maroder Tunnel der U-Bahnlinie 2 unter dem Grundstück. Während Peter Kottmair behauptete, er sei von der TLG nicht über das Ausmaß des Schadens und der notwendigen Sanierungskosten unterrichtet worden, erklärte die TLG, Kottmair wegen des Tunnels bereits im Kaufpreis entgegengekommen zu sein. Doch der Streit um die Finanzierung der etwa 45 Millionen Mark teuren Tunnelsanierung war laut Kennern der Branche nicht der Grund, warum sich die Kottmairs bis zuletzt weigerten, das Geld zu hinterlegen. Das Investorenehepaar hatte schlicht keine Banken gefunden, die das Projekt finanzierten. Nicht nur die Risiken auf dem Berliner Büroflächenmarkt schienen den Banken zu hoch, sondern auch der Kaufpreis. Statt der 310 Millionen Mark ist das Areal heute nicht einmal mehr 200 Millionen wert.

Das weiß auch die TLG. Ob sich die Kaufpreisdifferenz über eine Schadensersatzklage gegen die Kottmairs erzielen läßt, ist deshalb ebenso fraglich wie deren Wunsch, ihre Planungsvorleistungen in Höhe von 33 Millionen Mark von der TLG erstattet zu bekommen. Bei der TLG ging man gestern auf Tauchstation: „Keine Auskunft“, hieß es auf die Frage, was mit dem Grundstück nun geschehen soll.

Wenn am 2. Oktober auf dem debis-Gelände die größte Shopping-Mall Deutschlands eingeweiht wird, wird daneben noch auf lange Zeit eine U-Bahn durch einen maroden Tunnel unter einer riesigen Brache rauschen. Uwe Rada