Zu dritt ordentlich was reißen

■ Der Bassist Mike Watt entwirft sich in der Figur eines Schiffmaschinisten erneut als Teil einer Dreierbeziehung

Am Anfang waren die Minutemen. Die heilige Dreifaltigkeit. Mike Watt, D. Boon und George Hurley, bis D. Boons plötzlicher Tod 1985 alles zu beenden schien. Watt hat mit dem Verlust des Freundes, der großen Orientierungsfigur, nie abgeschlossen, und nach über zwölf Jahren kehrt er mit seinem zweiten Soloalbum Contemplating The Engine Room zurück zu Dreiecksbeziehungen. Noch vor dem Anfang war Watts Vater in der Navy. Was die Mutter machte, erzählt er nicht. Aber das Zusammenwirken von drei Personen blieb auch später der Ausgangspunkt seiner Weltbetrachtung. Zu dritt konnten sich die Minutemen die Welt selbst erklären und Punk als Lebensprinzip entwickeln.

Ohne D. Boon dauerte es einige Zeit, bis Mike Watt wieder Vertrauen in eine solche Konstellation fand. Doch fIREHOSE schienen vieles von dem stabilen Dreieck aufleben lassen zu können. Aber auch diese Kernfamilie löste sich auf. Für sein erstes Solowerk Ball-Hog or Tugboat? versammelte Watt statt dessen die halbe Indie-Rock-Jungens-Welt um sich herum, von Lee Ranoldo über J.Mascis bis Eddie Vedder – und hinterließ dabei einen etwas desorientierten Eindruck. Obschon alle Beteiligten eine Rolle in seinem Bassistenleben spielten und Watt der soziale Zusammenhang des Musizierens immer schon wichtig war, erwuchs hieraus keine überzeugende Platte. Die Groß-WG konnte die Verbindlichkeit nicht einlösen.

Die Rückkehr zum Trio soll nun den Blick schärfen und den autobiografischen Gestus fördern. In Analogie zum gemeinsamen Erleben dreier Schiffsmaschinisten entwirft Watt sich selbst wieder als Teil einer kleinen sozialen Gruppe. Er kehrt zurück nach San Pedro, dem Ausgangspunkt seiner jugendlichen Exkursionen mit D. Boon. Und zum Vater, an dessen seemännischen Welterkundungen er selber nicht teilnahm.

Es zeugt von der inneren Stärke des nach außen sowieso stets robust wirkenden Kaliforniers, die Sehnsucht nach gemeinsamem Wirken so nochmals transparent zu machen. Dafür jedoch das Bild einer „Oper“, schlimmer noch einer „Punk-Rock-Oper“, zu bedienen, hinterläßt den Eindruck, zwischen Form und Inhalt nicht mehr recht unterscheiden zu wollen. Vielleicht zeigt sich das Prinzip des Dreiecks auch ohne D. Boon. Vielleicht kann Mike Watt dann besser loslassen. Dann kann er mit Sicherheit was reißen, zu dritt.

Carsten Hellberg Fr, 10. April, 21 Uhr, Logo