Betr.: Kulturpolitik Deutschlands

Der Franzose, so heißt es, lebt hinter abblätternden Mauern, aber er tut es mit Würde und Anstand, also mit Lachs, Muscadet und exquisiter CD-Sammlung. Der Deutsche, das wissen wir, schleicht sich zu Aldi, heimlich als wär's ein Puff, löffelt Innereien aus der Dose für Katzen und ist stolz: Auf die kompensierend-großzügigen 148 PS im Wagen und den noblen Namen auf dem unsichtbaren Stoffitzelchen im Jackenkragen. Mißtrauen in die eigene Genußfähigkeit, protestantisches Favorisieren der Ewigkeit gegenüber dem Jetzt sind die Ursachen dieses Triebverzichts. Leider ist auch die Kulturpolitik in Deutschland deutsch.

Nein, nicht, daß Museen mit teuren Krawatten behängt wären. Aber Hardware, Gebäude, Ausstattung, bekommt den Zuschlag vor Software, den Events. 1,3 Millionen Mark für die Möglichkeit zu regengeschütztem Kartenkauf und stilvollem Stuhlgang? Peanuts, schließlich kostet ein „Eurofighter“Milliarden. Andererseits: Das Junge Theater vegetiert zwar nicht von Katzenleber, aber mit müden 200.000 Mark (+Projektförderung). Die freie Theaterszene müht sich mit 80.000 Mark ab. Politiker argumentieren da mit Sachzwängen: Der Kulturtopf ist leer, der Gebäudestiftungstopf voll. Doch irgenwann traf irgendwer die politische Entscheidung, daß das so ist. Irgendwie mißtrauen unsere Politiker den Kulturschaffenden. Und mit einem Glasdach hat man wenigstens was Handfestes, das jeder Kritik standhält, oder?. Barbara Kern