What's hot, what's not
: Nachwuchskader

■ Verspielt, zugänglich und sexy – wenn Jungschauspielerinnen als Projektionsfläche fungieren: Geschmack in und um Hollywood

Zu den Obliegenheiten einer Feuilletonistin gehört es, sich hin und wieder ins Kino zu schleppen, um die Ausstattung neuer Produktionen auf ihre Serienmäßigkeit hin zu überprüfen. Schließlich kann man für sein gutes Geld was erwarten.

Kürzlich überredeten mich die reizende D. und der lustige F. zum Horror-Splatter-Genre. „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ ist, ebenso wie „Mäusejagd“, nicht übel, wenn auch noch unlogischer als letzterer. Es kommt ein gemeiner Hakenmörder in Öljacke vor, der mit seinem Haken die Bäuche junger Menschen aufschlitzt, so daß man sich feige die Jacke vor die Augen reißt. Für den Film spricht desweiteren, daß er mit geschmackvoller Pop-Geschichte beginnt, wie ältere Menschen sie mögen. „Summer Breeze“ von den Isley Brothers, hier exquisit ins Gruselige gewendet von Type-O-Negative. Inzwischen informierte mich unser Pop-Theoretiker, daß Type- O-Negative Faschisten seien oder wenigstens so täten, doch das führt jetzt zu weit. Man soll in einer Jugend (der Spiegel-Titel lügt!), die so brav ans Pop-Erbe anknüpft, schließlich das Positive suchen.

In diesem Zusammenhang spielt „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ unter scheinbar verbrecherischen, bechernden High-School-Absolventen. (Die taz berichtete, und der Spiegel will, was Jugendkriminalität angeht, auch mithalten.) Die weiblichen Hauptrollen sind mit Sarah Michelle Cellar und Jennifer Love Hewitt besetzt. Cellar ist blond und benutzt zuviel Lip Liner; Hewitt ist brünett und trägt eine blasse Aufwärtsnase. An viel mehr erinnere ich mich gerade nicht, denn mein Jung-Kader-Speicher im Oberstübchen leidet an „data overflow“.

Kein Mensch kann sich die Doppel-oder-Dreifacher-Rittberger-Namen der vielen Schauspielelevinnen merken, weswegen man sie in einschlägigen Magazinen (Vanity Fair, Movieline, Allure) nachschlägt, wo sie samt zugehöriger Fotos aufgelistet sind wie in einer Jugend-Kriminellenkartei.

Sind Film-Nachwuchskader im Weltmaßstab unterscheidbar? Ist das überhaupt ihr Job? Renee Zellweger („Jerry Maguire“) beispielsweise. Der Gefährte meiner alten Tage verwechselt sie stets mit Rene Russo, obwohl da an die 25 Jahre dazwischen liegen, während ich Zellweger anfangs für Ashley Judd in deren blonder Phase und/oder die Hauptdarstellerin von „Chasing Amy“ hielt. Die gleichen Apfelbäckchen, die gleichen schrägen Augen.

Anläßlich des Aufstiegs der debilen Grinsbacke Matt Damon wurde spekuliert, daß es in Hollywood ein unterirdisches Labor geben müsse, in dem viele kleine DiCaprios geklont werden. Nun, es sind nicht eigentlich kleine DiCaprios, sondern Jungschauspielerinnen, die sich durch Haarlänge und -farbe sowie die individuellen Ausspracheregeln ihrer Namen hinreichend voneinander unterscheiden. Charlize Theron, Claire Danes, Christina Ricci, Jenna Elfman, Natalie Portman – die taz weiß, was ihr letzten Sommer getan habt: Ihr wart alle beim selben Image- Berater. Wenn die Kino-Femme-fatale die speziellen Ängste ihrer Dekade symbolisiert, dann artikulieren sich in der Ähnlichkeit der Jungschauspielerinnen Erwartungen an die Zukunft: verspielt, zugänglich, sexy, gesund, lustig und originell, das heißt, was man dafür hält.

Es paßt zwar nicht zum Thema, aber Sie haben nun mal auch ein Recht auf das Neueste aus Robert Redfords Leben. Er hat mir nämlich geschrieben, um mitzuteilen, daß er der Welt die „Sundance Catalogues“ geschenkt hat, benannt nach dem gleichnamigen, fast unabhängigen Filmfestival. Ich zögere nicht, dieses exklusive Wissen an Sie weiterzugeben, Leser. „Sundance Jewelry“ bietet eine „einzigartige Auswahl an Schmuck und Kunsthandwerk, mit Gefühl und Geist gefertigt von Künstlern aus der ganzen Welt“ an. Der eigentliche „Sundance Catalogue“ stellt eine ebenfalls „einzigartige Auswahl handgefertigter Möbel, Bekleidung, Accessoires und Geschenke“ vor, ebenfalls von Künstlern aus aller Welt in schweißtreibender Gefühlsarbeit angefertigt.

Ich habe dem Robert zurückgeschrieben, daß er mir die Kataloge gegen die Schutzgebühr von nur 14 Dollar sofort schicken möge. Alles ohne Spesenerstattung und in Ihrem Dienst, Leser, denn eigentlich hat es doch mit unserem Thema zu tun. Dies ist der Testlauf für die Sundance- Nachwuchs-Kader-Kataloge. Anke Westphal