Monster und Menschen

Hagenbecks Tierpark wird 150 Jahre alt, und der Bürgermeister holt sich dort Tips von den „eigentlichen Herrschern der Erde“  ■ Von Heike Dierbach

„So ein Tritt würde manchem Politiker auch mal ganz gut tun“. Oberbaudirektor Egbert Kossak (SPD) hat die Szene erfaßt. Doch die sanften Tritte der Wärter treffen keines der versammelten hohen Tiere aus SPD und CDU. Sie befördern Mogli, 35 Jahre alt und Elefantenkuh, in das Zuggeschirr. Diese beäugt neugierig die Prominenz, die zur Eröffnung der Insektenausstellung „Big Monsters“und zum 150. Jubiläum von Hagenbecks Tierpark nach Stellingen gereist ist.

In der Kutsche haben sich bereits SPD-Bürgermeister Ortwin Runde und CDU-Oppositionsführer Ole von Beust nebst politischem Anhang zur großen Koalition niedergelassen. Mogli gähnt und gibt ungeniert eine Ladung Elefantenäpfel von sich. Sie hat schließlich in ihren 35 Jahren schon viele „Vips“kutschiert. Ob sie nun die Frau des Bundespräsidenten Herzog oder Hamburgs Regierungschef – auch für einen Elefanten zählt allein das tatsächliche Gewicht seiner Ladung.

Und das macht ihr jetzt in den Kurven ganz schön zu schaffen. „Wir können ja aussteigen und schieben“, schlägt Runde vor – aber das ist natürlich nur scherzhaft gemeint. Für das Fußvolk im Gefolge der Kutsche sorgt schon die vollständig versammelte Hamburger Journaille. Vorbei zieht der Troß an Eis- und Nasenbären, Zebras, Flamingos, Walroß Antje und den Elefanten. Deren Fanfarenstöße gelten allerdings weniger dem Staatsbesuch als ihrer schnaufenden Kollegin. Die hat es endlich geschafft, das Insektenhaus ist in Sicht und Hochwürden steigen aus der Kutsche.

Die Ausstellung „Big Monsters“läßt dann auf einmal auch den Bürgermeister ganz klein aussehen - vor den 400fach vergrößerten Modellen von Flöhen, Spinnen und Ameisen. „Die eigentlichen Herrscher der Erde“, sinniert Runde und weiter: „Auch im Rathaus haben wir ja Paradiesvögel, alte Hasen und das eine oder andere Kamel.“Ach.

Professor Rudolf Abraham vom Zoologischen Staatsinstitut Hamburg belehrt ihn eines Besseren: Insekten sind „viel anpassungsfähiger“als Menschen, zum Beispiel, weil sie bis zu 1000 Nachkommen pro Weibchen produzieren. Das bringt den Bürgermeister ins Grübeln. 1000, das wären in ein paar Jahren wie viele Hamburger mehr? Es werfe, grübelt er, „schon Fragen auf, wenn man sieht, wie die Welt im Kleinen funktioniert“.

Die Ausstellung „Big Monsters“ist noch zu sehen bis 20.9.98, täglich von 9 bis 17 Uhr, in Hagenbecks Tierpark.