Unter Bayern

■ Vor 22 Jahren fand das erste und bis morgen einzige Eishockey-Länderspiel in Hamburg statt

Das norwegische Eishockey-team war Besseres gewohnt: „Und wo sollen wir spielen?“, fragten sie beim Anblick der Freiluft-Eisbahn in Stellingen. Am Abend des 5. Februars 1976 mußten sie aber genau dort bei lausiger Kälte und vor 1000 Zuschauern zum ersten Länderspiel auf Hamburger Eis auflaufen. Das Abendblatt fand die Bedingungen „blamabel“. Die lettische Nationalmannschaft findet morgen beim zweiten in Hamburg ausgetragenen Länderspiel wenigstens eine Halle vor.

Weil Deutschlands A-Mannschaft seinerzeit in Innsbruck weilte, um die olympische Bronzemedaille zu gewinnen, war nur das B-Team am Start. Trainer Hans Rampf hatte die Nachwuchsspieler aus der Bundesliga nominiert – und Heiner Bayer, der beim Hamburger SV, damals in der Oberliga Nord, dem Puck nachjagte. Bis heute ist er der einzige Nationalspieler eines Hamburger Eishockeyvereins.

Rückblickend sieht Heiner Bayer seinen Einsatz nur als „Bonbon“für das heimische Publikum: „In der Mannschaft hatte ich eigentlich nichts zu suchen.“Der damals 25jährige hatte trotzdem einiges vorzuweisen: Bevor er 1973 nach Hamburg kam, hatte er bereits in der 2. Bundesliga gespielt, brachte es auf 25 Juniorenländerspiele und eine EM-Teilnahme. Sein Wechsel nach Hamburg war beruflich bedingt: Er bekam hier eine Stelle als Fotograf. Sportliche Gründe gab es wohl keine überzeugenden: „Beim HSV war es eher lustig, obwohl es ständig gegen den Abstieg ging.“

In den Reihen der Nationalmannschaftskollegen des drittklassigen Hamburgers – „ein oder zwei stammten nicht aus Bayern“– standen einige bekannte Spieler, wie Horst-Peter Kretschmer, 1975 Meister mit der Düsseldorfer EG und ehemals Manager der Crocodiles, oder die 60-fachen A-Nationalspieler „Butzi“Reil und Uli Egen. Nicht zu vergessen Martin Hinterstocker, für den 1976 ein ganz besonderes Jahr war. Er wurde fürs A-Team nachnominiert – auch aufgrund seiner Partie in Stellingen – und gehörte zum olympischen Bronze-Team.

Wenn aber einer diese Nachnominierung verdient hätte, war es „Bayerchen“. Er kam erst in der 25. Minute aufs Eis, Norwegen führte 2:1. Getreu seinem Motto „Ich wollte immer, daß die rote Lampe brennt“, tat Bayer das, was er am besten konnte: Mit drei Toren und einem Assist schoß er das deutsche Team zum Sieg. Mit 8:5 wurden die Norweger in die recht weit entfernten Kabinen geschickt. Trainer Rampf war so beeindruckt, daß der Hamburger Torjäger auch noch in zwei weiteren Länderspielen mitmachen durfte. Der Sportkurier urteilte: „Ein Leistungsunterschied zwischen Bayer und den Bundesligaspielern war kaum erkennbar.“

Ein Sprung nach vorn für den Hamburger? Nicht im Eishockey. Noch 1976 verließ er den HSV. In den 80ern spielte er noch einmal für den 1. EHC Hamburg. Und im Job? „Ich komme gerade aus Bonn wieder, wo ich vier Wochen lang die SPD-Kandidaten für die Bundestagswahl fotografiert habe.“Wenn das keine Karriere ist.

Sascha Engling

Eishockey-Länderspiel BRD – Lettland, morgen, 15:00 Uhr, Eissporthalle Farmsen