Jobkiller im Buchhandel

■ Hamburgs Buchgroßhandel „Libri“will nach Hessen. 400 Arbeitsplätze gefährdet

Faule Eier für die 530 MitarbeiterInnen des Buchgroßhändlers Georg Lichtenbrink zu Ostern. Das Management gab jetzt bekannt, „Libri“werde das Buchauslieferungslager an der Stresemannstraße aufgeben und bis Ende des Jahres 2000 ein neues Logistikzentrum im osthessischen Bad Hersfeld aufbauen. Unter den MitarbeiterInnen löste die Nachricht am Gründonnerstag „heftige Aufregung“aus. Libri-Betriebsrätin Gesine von Thaden: „Die 400 Betroffenen haben kaum die Möglichkeit, mit runter zu gehen.“Nur 150 MitarbeiterInnen der Verwaltungszentrale sollen in Bahrenfeld bleiben.

Wirtschaftliche Gründe zur Abwanderung ins rot-grüne Hessen gibt es nach Auffassung der Gewerkschaft HBV nicht. Die Hamburger Millionärsfamilie Hertz (Tchibo, Eduscho, Beiersdorf), der im wesentlichen Libri gehört, „leidet an keiner wirtschaftlicher Not“, so HBV-Sekretärin Aline Zieher.

Von der Entscheidung sind auch Hamburger Buchhandlungen hart betroffen, für die Libri tägliche Lieferungen garantierte. „In zwei Jahren heißt es dann, kommen Sie mal nächste Woche wieder vorbei“, befürchtet eine Buchhändlerin.

Unter Altonas Bezirks-Sozialdemokraten herrscht nach der Abwanderung von „Essig Kühne“nun Sorge vor dem Umkippen der Infrastruktur Bahrenfelds. „Wir werden Flächenangebote machen und prüfen, ob die Wirtschaftsförderung noch Möglichkeiten hat“, beteuert Fraktionschef Horst Emmel. SPD-Wirtschaftssenator Thomas Mirow bemühte sich gestern vergeblich, über Ostern noch eine Audienz bei den Libri-Millionären zu bekommen. Anzeichen auf Unterstützung durch das rot-grüne Hessen gibt es nicht. Ein Behördeninsider: „Soweit reicht die Solidariät bei Betriebsansiedlungen dann doch nicht.“

Die Gewerkschaft HBV kündigte an, sich nicht mit einem Sozialplan abspeisen zu lassen. Es müsse, so Zieher, „in Richtung Qualifizierungsgesellschaft“gehen. Denn bei Libri würden viele Minderqualifizierte mit entsprechend niedrigen Löhnen arbeiten. Zieher: „Wir loten jetzt aber erstmal die Spielräume aus, die Abwanderung doch noch aufzuhalten.“ Kai von Appen