Die Nacht des Mittelfingers

■ Eastcoast-Rapper Busta Rhymes witzelt wild und wüst im Modernes

usta Rhymes auf der rechten Seite der Bühne, Flipmode Squad-Kumpel Spliff Star zur Linken. Spliff erzählt dem Publikum auf seiner Seite, den „real motherfuckers“, daß alle mal den Mittelfinger in Richtung rechte Seite zeigen und „Fuck that side!“schreien sollen. Kein Problem, fuck that side! Busta Rhymes hat derweil die Rolle des gegnerischen Einpeitschers übernommen und empfiehlt der rechten Seite, auch den Finger in die Luft zu strecken und mit „Fuck you, too!“zu antworten. So geht es dann hin und her, bis Busta Lust nach Neuem verspürt. Also, erstmal fragen, wieviele Motherfuckers in Bremen, Germany Gras rauchen. Prompt fliegt ein Joint auf die Bühne, und der will natürlich entsorgt werden.

Busta Rhymes ist gut gelaunt, Bremen ist die letzte Station seiner Deutschland-Tournee, am nächsten Tag geht es zurück nach New York, und das soll gefeiert werden. Am besten im ansehnlich gefüllten Modernes. Das Publikum gröhlt den ganzen Abend mit, kommentiert aus dem Off. Es wird viel gelacht. Das ist nicht gerade typisch für Hip-Hop-Konzerte.

Typisch allerdings, daß man sich besser nicht gegen den Protagonisten wendet. Busta fragt, wer alles auf den New York-Sound steht und erklärt sicherheitshalber noch mal, warum Ostküste einfach das Beste überhaupt ist. Da sagt doch glatt einer „Fuck the Eastcoast!“. Hätte er vielleicht lassen sollen, denn Mr. Rhymes sah sich dadurch gezwungen, etwas nachdrücklicher auf die Vorteile der amerikanischen Ostküste hinzuweisen. Er sprang lehrbuchmäßig von der Bühne, ein kleines Handgemenge, „This is real, motherfucker“, wieder rauf und gucken, ob sonst noch jemand was zu nörgeln hat.

Später forderte er die Menge dazu auf, Zeige- und Mittelfinger friedenswillig in die Höhe zu strecken. Leider vergaß ein Witzbold den Zeigefinger – womit wir fast wieder beim Anfang wären. Diabolisches Lachen von Seiten Rhymes – „you pussy“– und die Aufforderung, im Gegenzug nun diesem Zeigefingerunterschlager den Mittelfinger ins Gesicht zu strecken und ihn auszubuhen. So viel zum Thema Meinungsfreiheit.

Warum hier so wenig über die Musik des Abends steht? Tja, weil es ein absolut bodenständiges Hip-Hop-Konzert war. Und das ist nicht negativ gemeint. Keine Experimente, sondern Party und sich selbst feiern. Ein ziemlich guter DJ, zwei MCs. Ein paar Tracks vom neuen Album, das auch Grund für den Auftritt war, die populären Burner „Woo-ha! (Got you all in check)“und „Everything remains raw“und schließlich die Klassiker aus alten Leaders of the New School-Tagen, „Case of the P.T.A.“und „Scenario“. Nicht sonderlich aufregend, sollte man meinen. Ja, wenn da nicht die Person Busta Rhymes gewesen wäre. Ein energiegeladener Entertainer als charismatischer MC, der nebenbei noch den vor der Tür stehenden Armageddon vorhersagt.

Er rockte das Modernes, ohne Zweifel. Mit einfachen Mitteln, aber effektiv eingesetzt. Deshalb waren alle zufrieden, auch wenn der Spaß nach 70 Minuten vorbei war. Und falls sich jemand fragt, was all die ganzen unanständigen Worte sollen, dem sei gesagt, das ist halt Hip-Hop. Wem man es erst erklären muß, der/die wird es auch nicht verstehen. Sagen zumindestens real motherfuckers.

Kai Dahme