Käuflichkeit des Körpers

■ Mit Naked, Nude Or Devoid untersucht die Tänzerin Trinidad Martinez die Grenzen der Scham

Naked, Nude Or Devoid hat Trinidad Martinez ihr Stück genannt, das am kommenden Samstag bei den „Jungen Hunden“Premiere hat. Darin geht es der Choreographin nicht um ein naturalistisches Abbild der Welt von Prostituierten, sondern darum, den Blick von außen in der dargestellten Körperlichkeit transparent zu machen. „Anfangs war es reine Neugier, die mich zu dem Thema führte“, beschreibt Trinidad Martinez ihre Herangehensweise. Dann kam die Literatur. Alles, was ihr an Biographien, psychoanalytischen Fallstudien und soziologischer Feldforschung in die Hände fiel, hat sie gelesen. Als nächstes suchte sie die Realität in einer Beratungsstelle in Altona. „Einiges von dem, was in den Büchern stand“, bemerkt sie, „fand ich bestätigt, doch vieles sieht in der Wirklichkeit anders aus.“Ökonomische Zwänge berücksichtige sie im Stück zwar nicht, doch stellt sie ausdrücklich klar: „Über das Leben anderer zu sprechen, heißt für mich, eine große Verantwortung zu übernehmen.“

Schließlich begegnete sie der Poesie. Der Brasilianer Silvio Rodriguez singt von den „Blumen der Nacht“. Ein Lied über die Mädchen an den Straßenecken, das sich wie ein roter Faden durch das Stück ziehen wird: „Ich wollte auch eine zarte, liebevolle Seite aufzeigen.“Und die darf ruhig schon mal kitschig sein. Überhaupt sind der Choreographin Widersprüche willkommen. Dementsprechend hat sie ihre fünf Tänzerinnen ausgesucht, starke Persönlichkeiten, deren tänzerische Vorbildungen recht unterschiedlich sind.

Trinidad Martinez selbst, aufgewachsen im spanischen Alicante, studierte Ballett und modernen Tanz bei der Grande dame der klassischen Avantgarde, Rosella Hightower in Cannes. Sie sammelte Erfahrungen innerhalb der technisch virtuosen zeitgenössischen Tanzszene Frankreichs, bevor sie sich mit ihrem Partner, dem Us-amerikanischen Musiker und Komponisten Dayton Allemann, vor knapp einem Jahr in Hamburg niederließ.

Auf die Solo-Arbeit im Dialog mit seiner Musik hatte Martinez sich auch bislang konzentriert. Ein Solo, Pedestrian's Movements, ist ebenfalls Teil ihres Programms. Naked, Nude Or Devoid ist ihr erstes Gruppenstück. Mit den Proben, die eine intensive Improvisationsphase einleiteten, konnte sie bereits im Oktober in der Tanzwerft beginnen. Das knapp bemessene Budget der „Jungen Hunde“hätte eine Realisierung dieses Projekts kaum möglich gemacht.

Marga Wolff Premiere: Sa, 18. April, 20.30 Uhr, Kampnagel, k1