Erwerbslose im Turbo-Gang

Hamburgs Arbeitsamt will mit neuer Methode arbeitslose Frauen anfeuern  ■ Von Christine Holch

Wie entwickeln Arbeitslose mehr Eigeninitiative? Das Hamburger Arbeitsamt widmete sich diesem Problem und hat seit gestern eine Lösung: Erwerbslose Frauen bekommen künftig einen Eingliederungsscheck über maximal 2.500 Mark monatlich, den sie einem potentiellen Arbeitgeber auf den Tisch legen können. Werden sie eingestellt, so gibt's den Scheck insgesamt sechs Monate lang.

Anders als beim klassischen Lohnkostenzuschuß muß der Arbeitgeber nicht umständliche Formulare beantragen und ausfüllen. Er muß lediglich auf dem Scheck bestätigen, daß er die Arbeitnehmerin zusätzlich einstellt und nicht ihretwegen jemand anderen entläßt. Außerdem muß er sich verpflichten, zwanzig Prozent des Bruttolohnes selbst zu zahlen. Behält er die neue Kollegin für ein ganzes Jahr, bekommt er von der Stadt obendrauf 4000 Mark Prämie. Außerdem besteht die Möglichkeit, zusätzlich einen Weiterbildungsgutschein von bis zu 5.000 Mark einzulösen, auf daß die neue Kollegin auch die neusten Computerkniffe und -programme beherrscht. All das soll dem Arbeitgeber den ausschlaggebenden Kick geben, gerade diese Arbeitslose einzustellen.

Seit Anfang des Jahres darf das Arbeitsamt über zehn Prozent seines Etats frei entscheiden und damit Neues ausprobieren. Die Basis, und das sind im Arbeitsamt die Vermittler, hat sich vor allem ein zielgerichtetes und unbürokratisches Instrument gewünscht, das die Eigeninitative der Erwerbslosen stärkt. „Der Arbeitslose soll turbo fahren statt zu resignieren“, sagt Klaus Koch, zuständig für Förderprogramme, „er kann ja auch schon in der Bewerbung mit dem Scheck wedeln“. Der Haken an der Sache: Auf den Eingliederungsscheck gibt es keinen Rechtsanspruch. Erst einmal verteilt das Arbeitsamt nur rund 600 Schecks an seine VermittlerInnen – das macht pro Nase etwa fünf Schecks. Die VermittlerInnen, die im Schnitt 800 Arbeitslose in der Kartei haben, können sich dann jeweils fünf Frauen aussuchen, die sie für besonders geeignet halten. Konkrete Kriterien für die Gutschein-Vergabe gibt es nicht. Ausschlaggebend ist laut Koch, daß es sich um Erwerbslose „mit Erfolgs-aussichten“handelt.

Haben die Frauen bei ihrer Suche trotz aller Scheck-Wedelei keinen Erfolg, so müssen sie ihren Eingliederungsgutschein nach drei Monaten dem Vermittler zurückgeben. Immerhin sollen auch andere Erwerbslose eine Chance bekommen.

Daß die Gutscheine für Frauen reserviert sind, hat übrigens die Arbeitnehmerbank im Verwaltungsausschuß des Arbeitsamtes durchgesetzt. Weil Frauen nicht entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen in die Förderprogramme übernommen würden. Beispiel Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM): „Da werden Frauen regelmäßig benachteiligt“, sagt Wolfgang Rose von der ÖTV. Der Grund: Überwiegend gewerbliche Branchen erfüllen das ABM-Kriterium der „Zusätzlichkeit“. In Verwaltungsberufen, in denen viele Frauen zu finden sind, gebe es dagegen kaum Arbeit, die ohne die ABM-Kräfte nicht gemacht würde.