Rot-Grün ohne Safer Sex

■ Sparvorgaben: Gesundheitsbehörde kürzt Mittel für Aids-Prävention

Papier ist geduldig. Im Koalitionsvertrag vom November vorigen Jahres bekräftigten die beiden Hamburger Regierungspartner noch, daß die „zielgruppenorientierte“Aids-Prävention „verstärkt fortgesetzt“werde. Jetzt kündigte die Gesundheitsbehörde an, den drei Hamburger Projekten Hein & Fiete, der Stricher-Anlaufstelle und der Aids-Hilfe Hamburg in diesem Jahr nur noch 15.000 Mark für Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit bereitzustellen. Hein & Fiete erhält demnach noch ganze 5.000 Mark.

Im vergangenen Jahr hatten die drei Vereine noch 30.000 Mark erhalten, davon gingen 14.000 Mark an Hein & Fiete. In Köln beispielsweise, immerhin auch in einem rot-grünen Bundesland gelegen, stehen in diesem Jahr satte 50.000 Mark für die Aids-Aufklärung zur Verfügung.

Diese hanseatische Variante der „verstärkten“Aids-Prävention, so befand gestern Frank Münzinger von Hein & Fiete, „gefährdet die gesamte Aids-Arbeit in Hamburg“. Denn Hein & Fiete leistet im Gegensatz zur Aids-Hilfe vorrangig Primärprävention, wendet sich also mit Safer-Sex-Kampagnen an noch nicht infizierte Schwule und Bisexuelle. Diese Arbeit ist auch in Zeiten der neuen Kombinationstherapie bitter nötig. Denn die, so betont Peter Prosche von der Aids-Hilfe Hamburg, führe bei Schwulen irrigerweise oft zu unangebrachten „Entwarnungsphantasien“.

Die Gesundheitsbehörde begründet die Kürzungen bei der Aids-Prävention mit den ihr auferlegten Sparvorgaben des Senats. „Eine völlig unsensible und kurzsichtige Sparpolitik“, rüffelt Farid Müller, schwulesbenpolitischer Sprecher der GAL. Er empfiehlt der neuen Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD), die Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Auch der schwule SPD-Abgeordnete Lutz Kretschmann ist „sehr verärgert“. Die Kürzungen gefährdeten zwar noch nicht die Arbeit von Hein & Fiete, seien aber dennoch ein falsches Signal: „Denn Prävention ist immer noch die beste Investition. Jede verhinderte Infektion spart enorme Folgekosten.“

Karin Flothmann