Glück und Geld im Klo

Die chinesische Lehre Feng-Shui will kranke Häuser kurieren und ihren Bewohnern Glück und Reichtum bringen  ■ Von Heike Dierbach

„Die Höhe Ihrer Eingangstür fördert Schaden und Verletzung.“Andreas Meyer-Andersons Diagnose ist eindeutig – sein Lineal zeigt einen schwarzen Bereich an. Wenigstens die Türbreite im Hamburger taz-Palast stimmt: Reichtum müßte sie eigentlich den RedakteurInnen bringen, die sie jeden Morgen passieren. Warum der sich noch nicht eingestellt hat? „So platt ist Feng-Shui nicht“, erläutert Meyer-Anderson, Diplomchemiker und seit einem Jahr professioneller Feng-Shui-Berater. Um reich zu werden, müßte man schon beispielsweise ein Fläschchen mit Blattgold ins Haus stellen – „Gleiches zieht Gleiches an.“

Feng-Shui – „Wind und Wasser“– wurde vor rund 6000 Jahren in China entwickelt. Während es ursprünglich um eine energie-harmonische Landschaftsgestaltung ging, widmen sich die etwa 50 Feng-Shui-Berater in Deutschland heute vor allem dem „Patienten Haus“. Denn 90 Prozent seiner Lebenszeit hält mensch sich in geschlossenen Räumen auf.

Und die können ihn krank machen, lehrt Feng-Shui. Ob ein Haus krank ist oder nicht, hänge von der Menge der „kosmischen Energie Qi“ab. Ist es weniger als die Hälfte im Vergleich zu draußen, ist das Haus krank – wie knapp Dreiviertel aller Gebäude in der westlichen Welt, meint Meyer-Anderson. Wie aber mißt man Qi?

Mit dem Lineal und mit einer Art Wünschelrute. Damit ermittelt Andreas Meyer-Anderson, daß der Computerplatz in der taz-Fotoredaktion schlechte Schwingungen aufweist. Ob der Fotograf sich oft nach der Arbeit müde fühle? Doch, gelegentlich. Der Feng-Shui-Berater empfiehlt eine Farbkarte, die unter dem Teppich die Erdstrahlung abwehrt.

Auch das Zimmer des Sportredakteurs ist „krank“, denn Tür und Fenster liegen in einer direkten Linie. „Die hereinkommende Energie rauscht einfach durch“, erklärt Meyer-Anderson, „hier kann man schwer Erfolg haben“. Der Sportredakteur schaut etwas verunsichert. Das Fenster versetzen? „Nicht unbedingt notwendig“, beruhigt der Profi. Schon ein kleiner Kristall im Fenster stoppt die Energie und verteilt sie im Raum.

Andreas Meyer-Anderson und seine Frau Frauke haben schon in schlimmeren Fällen geholfen. Zum Beispiel einer Frau, deren Wohnung ein einziges Chaos war – wie ihr Leben: Krankheit, kein Geld, kein Partner. Ursache waren radioaktive Baustoffe und Wasseradern, fanden die ExpertInnen heraus und verordneten Kristalle. „Plötzlich riefen alte Männerbekanntschaften bei ihr an“, freut sich Frauke Anderson.

Auch für den Fall, daß ihre Mittel einmal nicht helfen, hat die Beraterin eine Erklärung parat: „Dann sind die Menschen noch nicht reif für die Veränderung. Man muß schon an sich arbeiten.“Deshalb sei Feng-Shui auch keine Alternative zu einer Psychotherapie. Die käme preislich ähnlich: 150 Mark verlangen BeraterInnen etwa pro Stunde, 10 Mark pro beratenem Quadratmeter. Kristalle sind ab 30 Mark, Farbkarten ab 70 Mark zu haben.

Damit kann man nicht nur die eigenen vier Wände heilen: Auch in der Stadtplanung wäre Feng-Shui wichtig, meint Meyer-Anderson. Dann hätte zum Beispiel das Chile-Haus nicht gebaut werden dürfen, da es mit seiner spitzen Ecke aggressive Energie auf die umliegenden Büros lenke. „Leider gibt es aber für derlei Überlegungen wenig Akzeptanz“, klagt der Experte.

Offenere Ohren findet er dagegen für seinen Vorschlag, die Eingangstür im taz-Haus um sieben Zentimeter abzusenken. Dann nämlich wäre die „Macht der Behörden über das Haus“gering, behauptet das Lineal. Vielleicht käme dann auch der Reichtum – vorausgesetzt, die Klodeckel sind immer geschlossen, „damit er nicht fortgespült wird“.

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