Sonniges aus der Tiefsee

■ Die konservierten Fische des Daniel Fuchs in der Barlach Halle

Eine Fischstadt ist Hamburg für den hessischen Fotokünstler. Und so hat Daniel Fuchs die Ausstellung seiner über 40, in der Ichtyologischen Sammlung des Frankfurter Forschungsinstituts Senckenberg erstellten Fotounikate speziell für die Räume der Galerie Barlach am Klosterwall zugeschnitten.

Seit 150 Jahren werden in Frankfurt Fische gesammelt, in mit Alkohol gefüllte Gläser gesteckt, dokumentiert und erforscht. Auf Anfrage werden sie sogar wieder in Bewegung gebracht und zur Forschung in alle Welt versandt. Teils erstaunlich gut erhalten, teils mehr oder weniger verformt und über die Zeit verfremdet stehen kleine und große Fischgläser in Archivschränken wie staubige Akten dem ordnenden Menschen zur Verfügung und bezeugen, daß der Mensch sich die Welt wahrhaft untertan gemacht hat.

Auch wenn die silbrigen Augen nur gebrochen starren, die Kamera befreit die in Glas und Tod doppelt gefangenen Tiere zu plastischem Leben, indem sie Behälter und Flüssigkeit nahezu unsichtbar macht. Titellos lassen dann die ohne inszenierende Eingriffe gestalteten Fotos von Daniel Fuchs die Assoziationen zwischen Visionen und Ängsten schwanken. Denn die sorgsam gold ausgeleuchteten Konserven erlauben einer morbiden Poesie, sowohl zarte Flossen in Engelsflügel umzudeuten, wie einen Dialog mit zahnlosen Mündern aufzunehmen.

Der 32jährige Fotograf läßt sich für seine Werkphasen stets mehrere Jahre auf ein Thema ein. Nach der Fotoforschung „Im falschen Körper“über transsexuelle Menschen, die vor drei Jahren auf Kampnagel zu sehen war, hat er seine Fischerfahrungen aus einer Arbeit in den Armenvierteln Portugals entwickelt: Im Projekt „Espada“kontrastierte er die Bilder aus dem Ghetto mit Stilleben aus fangfrischem Schwertfisch.

Die Fotos der Werkgruppe „Conserving Fish“sind hinter 15 Zentimeter dickes Plexiglas montiert, was den edlen Eindruck der Präparate noch steigert und die Gedanken in Richtung abendbesonntem Aquarium, uraltem Bernsteineinschluß oder historischer Goldschmiedearbeit führt. Einige ebenfalls ausgestellte Original-Präparate wirken gegenüber der leuchtenden Präsenz der Fotobilder eher flau: Wie wichtig ist es doch, sich ins rechte Licht zusetzen! Einst half nur Formalin, die Verwesung zu stoppen. In heutigen virtuellen Welten erwecken Bilder noch Fischleichen zum Leben nach dem Tode, ohne daß es notwendig ist, sie per Flugzeug in alle Himmelsrichtungen reisen zu lassen.

Hajo Schiff

Barlach Halle K, Klosterwall 13, Di – Sa 12 – 18 Uhr, bis 24. Mai