Hamburgs Polisexisten

■ Frauenbeauftragte der Polizei: Sexismus im Streifenwagen ist kein Einzelfall

Die Strafversetzung eines Polizeieinsatzführers wegen sexueller Belästigung ist nicht – wie offiziell behauptet – ein Einzelfall. Das bekräftigte gestern die Frauenbeauftragte der Hamburger Polizei, Karin Sprenger, gegenüber der taz. „In allen Fällen, die mir angezeigt wurden, ist hart durchgegriffen worden,“erklärte Sprenger, „und zwar gegen die Täter und nicht gegen die Opfer.“

Im aktuellen Fall war ein 40jähriger Hauptkommissar der City-Wache 12 „Am Klingberg“in den Innendienst versetzt worden, weil er eine 21jährige Polizeischülerin auf Streifenfahrten fortwährend belästigt hatte. Noch vor ein paar Jahren, so Sprenger, wäre bei Konflikten dieser Art eher das Opfer versetzt worden. Im Verlauf ihrer knapp fünfjährigen Amtszeit als Frauenbeauftragte seien ihr etwa „eine Handvoll gravierender Fälle“angezeigt worden. „Dabei gab es teilweise auch mehrere Täter.“

Sprenger räumt ein, daß die „Dunkelziffer“in puncto sexueller Anmache weiterhin hoch sei. Polizistinnen würden sich nur selten trauen, ihrem Vorgesetzten oder der Frauenbeauftragten sexuelle Belästigungen durch Kollegen anzuzeigen. Dabei müsse nicht jedes Fehlverhalten im Dienst gleich im Disziplinar-Clinch enden. „Es melden sich auch Frauen, die sich einfach nur beraten lassen wollen“, sagt Sprenger. Oft könnten Konflikte in persönlichen Gesprächen mit Vorgesetzten oder mit einer „Entschuldigung für die Entgleisung“beigelegt werden.

Bei der Hamburger Polizei gibt es erst seit 1994 eine Frauenbeauftragte. Sie war von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) durchgesetzt worden, nachdem gewerkschaftliche Frauengruppen zutage förderten, daß sexuelle Belästigung bei den Ordnungshütern durchaus ein Alltagsproblem ist. Inzwischen ist von der Behördenleitung ein von Sprenger erarbeiteter Eingreifkatalog akzeptiert worden. Auf dem Index stehen seither sexistische Sprüche, Busengrabschereien, das Mobbing nach einem gescheiterten Annäherungsversuch, sexistische Bemerkungen über das Aussehen und taxierende Blicke, egal, ob im Revier oder im Streifenwagen.

Kai von Appen