■ Schöner Leben
: Das Alster-Drama

Hans ist nicht gerade das, was man einen großen Trinker nennt. Anstatt am Kneipentisch ins Bierglas zu stieren, bedient er lieber aktiv die Stäbe des Tischfußballspiels. Weil diese Freizeitgestaltung aber nicht überall angeboten wird, muß der gute Mann doch mamchmal am Tisch sitzenbleiben. Weil zuviel Kaffee Herzrasen macht, Wasser langweilig ist und süße Brause klebt, hat er sich unter großem sozialen Druck seiner alkoholisierten Umgebung angewöhnt, wenigstens Alsterwasser zu trinken. Aber eben nicht so viel.

Neulich zog es Hans wieder mal in die Kneipe, zum Schnack mit einem Freund. Und weil Hans in der Neustadt lebt, wo die Auswahl an dezenten Lokalen ja nicht eben überwältigend ist, lenkten die beiden ihre Schritte zu einen vermeintlichen Lichtblick, der seit einem knappen Jahr die Unwirtlichkeit des Flüsseviertels zu vermindern trachtet: Das „Bierich“an der Lahnstraße. Keine große gastronomische Erleuchtung, aber eben doch eine solide Nachbarschaftskneipe. Dachte Hans.

Nun saßen die beiden da, orderten je ein kleines Alster. Saßen weiter. Orderten ein weiteres kleines Alster. Warfen Blicke auf die schmucke Bedienung. Saßen weiter. Zwei Stunden lang. Bestellen aber nicht noch weitere kleine Alster.

Schließlich erschien der Wirt am Tisch. Wozu denn eine Kneipe da sei, wollte der wissen. Sie sollten jetzt noch mehr bestellen oder das Lokal verlassen, forderte der Mann. Das darf er, schließlich hat er Hausrecht. Keine Frage, daß die beiden sofort aufstanden. Aber das „Bierich“werden sie und ihre Freunde künftig nur noch mit dem Hintern angucken. Verwunderlich nur, daß ein Wirt, der sich in öder Umgebung etablieren möchte, so miesepetrig seine wenigen Gäste vergrault. Denn voll ist es bei ihm am Dienstag abend noch nie gewesen. Joachim Fahrun