Die Lunte am Pulverfaß Hertha glimmt

■ Diskussionen um Zukunft der Mannschaft und des Trainers Röber

Der „preußische Komödienstadl“ gastierte am Sonnabend an der Isar. Nach dem 1:3 bei 1860 München platzte Herthas Aufsichtsratschef Robert Schwan der Kragen. Der 76jährige brüllte durch die Katakomben des bayerischen Olympiastadions: „Ich trete zurück, wenn Röber nicht entlassen wird.“ Entlassen wurde der Coach gestern jedoch bei einer Krisensitzung nicht – Schwan machte einen Rückzieher.

Vermutet wird hinter dem Konflikt die Planung für die nächste Saison – in München saßen Schwan, Hoeneß und Röber zusammen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Woher das Geld für die geplanten spektakulären Neuverpflichtungen allerdings kommen soll, steht weiterhin in den Sternen. Hertha BSC, mit rund fünf Millionen Mark Schulden belastet, kann sich keine großen Sprünge leisten. Und Marketing-Partner Ufa will erst Geld lockermachen, falls ihm ein gesteigertes Mitspracherecht zugestanden wird.

Doch Schwan, beileibe kein Ufa-Parteigänger, versucht offensichtlich, seine eigene Vorstellung von „Hertha 2000“ durchzudrücken. Der Klub soll in den lukrativen Europapokal, diesen Schritt traut der rüstige Alte dem Coach Röber aber nicht zu. So soll der Ratsherr wochenlang – hinter Röbers Rücken – mit seinem Wunschtrainer Ottmar Hitzfeld verhandelt haben, der sich mittlerweile für Bayern München entschied.

Formell ist Ratsherr Schwan jedoch nicht befugt, über das Schicksal des Trainers zu entscheiden, dies ist Sache des Präsidiums. Und dessen Vorsitzender, Manfred Zemaitat, soll die Forderung nach Röbers Kopf als „absolut lächerlich“ kommentiert haben. Die Lunte glimmt. Am 11. Mai, so befürchten Insider, könnte das Pulverfaß Hertha explodieren. An diesem Tag, 48 Stunden nach Abschluß der laufenden Spielzeit, wenn der Volkszorn noch frisch ist, steigt die Mitgliederversammlung des Vereins, auf der es traditionell hart zur Sache geht. Jürgen Schulz