US-Erfolg in Afghanistan

■ Die Taliban und ihre Gegner wollen über die Wiedervereinigung des Landes verhandeln

Delhi (taz) – Der US-amerikanische UN-Botschafter Bill Richardson hat von den afghanischen Bürgerkriegsparteien die Zusage zu Verhandlungen über die Wiedervereinigung des Landes erhalten. Am Wochenende sprach Richardson zuerst in Kabul mit Mullah Mohammad Rabbani, faktisch dem Ministerpräsidenten des Landes und dem zweiten Mann in der Taliban-Hierarchie. Dann flog er nach Shiberghan im Norden des Landes, wo er sich mit den Vertretern der Antitaliban-Allianz traf: Präsident Burhanuddin Rabbani, Usbekenführer Rashid Dostum, sowie dem Schiitenführer Karim Chalili und einem Vertreter von Ahmed Schah Massud.

Von beiden Seiten brachte Richardson das Versprechen zurück, sich in zehn Tagen unter der Schirmherrschaft der UNO in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad zusammenzusetzen, um die Diskussion über einen Fahrplan zur Wiedervereinigung zu beginnen. Er soll mit einem Waffenstillstand und dem Austausch von Gefangenen in Bewegung kommen. Bis zum 27. April wollen beide Seiten die Waffen ruhen lassen.

Richardson sprach von einem Durchbruch. Pakistanische Regierungsvertreter sind jedoch vorsichtiger. Dazu mögen Berichte in pakistanischen Zeitungen beigetragen haben, wonach Taliban-Chef Mullah Omar in seinem Hauptquartier in Kandahar Verhandlungen mit seinen Gegnern ablehnt. Er besteht auf der Installierung einer Kommission islamischer Gelehrter, die die Zukunft des Landes „im Licht der islamischen Lehre“ festlegen soll.

Die unterschiedlichen Signale aus Kandahar und Kabul zeigen, daß sich in der Taliban-Führung zwei Fraktionen herausgebildet haben. Die pragmatische in Kabul versucht, angesichts des militärischen Patts ihre politische Bewegungsfreiheit auszuweiten und auch mit internationalen Hilfsorganisationen einen Modus zu finden. Von der streng islamistischen Strömung in Kandahar wird das mißbilligt. Während diese von Saudi-Arabien unterstützt wird, genießt Rabbani die Gunst der pakistanischen Diplomatie, ohne deren Vermittlung der Besuch Richardsons nicht zustande gekommen wäre. Pakistan geht es darum, die Initiative in Afghanistan nicht Iran zu überlassen. Richardsons Treffen mit den Taliban-Gegnern im Norden dürfte jedoch zuvor in Teheran abgesegnet worden sein. Denn die Antitaliban-Allianz ist militärisch und diplomatisch vom Iran abhängig. Bernhard Imhasly