Beutelschneider und Büchsenschüttler

500 Lehrer demonstrieren nach Personalversammlung gegen Sparpläne  ■ Von Lisa Schönemann

Überall auf den Gängen vor dem Hörsaal schepperten Groschen in Blechbüchsen. Dazu ließen die LehrerInnen für den Grund-, Haupt- und Realschulbereich, zu denen auch die KollegInnen von den Sonderschulen gehören, gestern auf ihrer Personalversammlung (PV) eine „Frau Beutelschneider“im feinen Kostüm auftreten.

Die gnädige Frau sollte den Versammelten im Hauptgebäude der Hamburger Uni klarmachen, daß die Chancen der Kinder, später einen Job zu ergattern, ohne Vorschule und individuelle Förderung nicht schlechter stünden als mit. Zudem rief die kurzsichtige Dame die LehrerInnen zu mehr Eigeninitiative auf: Sie sollten in Blechbüchsen Geld sammeln, damit die „Schullandschaft nicht plattgemacht“werden müsse.

Der Hintergrund der vorgeführten Lachnummer ist alles andere als spaßig: Um die im Koalitionsvertrag vorgesehene Sparquote von 1,7 Prozent zu schaffen, möchte Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) rund 1.000 Stellen verschwinden lassen. Zwar wird niemandem gekündigt, aber freiwerdende Posten werden nicht nachbesetzt. Nach Berechnungen des Personalrats fehlen damit über kurz oder lang gar 1200 LehrerInnen, weil die SchülerInnenzahl in Hamburg gleichzeitig um 13.400 ansteigt.

Nach den vor den Frühjahrsferien vorgestellten Plänen sollen 33 Vorschulklassen ebenso gestrichen werden wie diverse Förderstunden. Die KollegInnen an den Gymnasien werden wöchentlich eine Stunde mehr arbeiten müssen, GymnasiallehrerInnen an Gesamtschulen sogar zwei. Besonders hart soll es die rund 3000 BerufsschullehrerInnen treffen: Von ihnen soll nahezu jeder fünfte eingespart werden. Und ReferendarInnen dürfen sich künftig an der Verschlechterung ihrer späteren Einstellungschancen beteiligen: Sie sollen wöchentlich sechs statt viereinhalb Stunden bedarfsdeckend unterrichten.

„Wir sehen das nicht ein“, stellte eine Vorschullehrerin stellvertretend für viele andere klar. „Hier wird doch auf Kosten der Kinder gespart, wenn unsere Nerven wegen der Ausbeutung total blank liegen und wir nichts mehr mit Geduld vermitteln können.“

Der Personalratsvorsitzende Bernd Schmidt mokierte sich derweil darüber, daß die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB) die LehrerInnen zum Dialog aufgefordert habe: „Auf einmal dürfen wir mitreden, ob wir lieber länger arbeiten oder vor einer größeren Klasse stehen wollen – obwohl die Sparquote schon feststeht.“

Im Anschluß an die Personalversammlungen versammelten sich die Grund-, Haupt- und RealschullehrerInnen mit den gleichzeitig tagenden KollegInnen von anderen Schultypen. Ein Demonstrationszug mit mehr als 500 TeilnehmerInnen bewegte sich zur Finanzbehörde am Gänsemarkt. Am 28. Mai soll ein gemeinsamer Aktionstag gegen die geplanten Sparmaßnahmen stattfinden.