Eltern sollen für ihre Kinder büßen

■ Neuester Vorschlag aus Bayern: Wird der Nachwuchs ausländischer Eltern straffällig, sollen Eltern ausgewiesen werden, oder sie zahlen

München (taz) – Im Bayerischen Staatsministerium des Inneren kursieren wilde Geschichten: zum Beispiel die von dem jugendlichen, ausländischen Straftäter, dessen Eltern sich an der kriminellen Karriere ihres Sprößlings erfreuen und nicht im Traum daran denken, ihren Sohn zur Rechtschaffenheit anzuhalten. Der hingegen möchte nur auf eine jugendamtliche Reise nach Griechenland geschickt werden, wenn dort Surfbrett und -anzug einer bestimmten Marke bereitstehen.

Da muß etwas unternommen werden, dachte sich der Staatssekretär Hermann Regensburger (CSU). Weil Jugendliche unter 14 Jahren gar nicht und unter einundzwanzig Jahren strafrechtlich nur eingeschränkt greifbar sind, sollen nach einem Vorschlag einer Staatssekretärsrunde die Eltern ausländischer „Intensivstraftäter“ ausgewiesen werden können, wenn diese ihre Aufsichtspflicht absichtlich verletzen. Außerdem sollen die Eltern einen Teil der Jugendhilfekosten tragen, die durch die Straftaten ihrer Kinder verursacht werden.

Nun ist dieser Vorschlag noch nicht einmal vom bayerischen Kabinett abgesegnet worden, und auch danach müßte sich der Bundesrat über diese potentielle bayerische Initiative noch einigen – trotzdem wird, nachdem der Plan am Wochenende bekanntgeworden ist, in München abgewiegelt.

Es handle sich bei den anvisierten Straftätern und deren Eltern nur um Einzelfälle, das Innenministerium spricht von „mehreren Dutzend Straftaten“, geduldet oder gefördert von den Eltern, die einer Ausweisung vorangehen müßten. Grundlage des Vorstoßes ist eine gestern veröffentlichte Studie des Bayerischen Landeskriminalamtes (LKA), die einen starken Anstieg der Jugendkriminalität in München verzeichnet.

In der Gruppe der 14- bis 17jährigen stellt die Studie einen starken Trend zu Gewaltdelikten fest – diese würden zu zwei Dritteln von ausländischen Jugendlichen begangen. Die Zielgruppe der bayerischen Ausweisungsidee ist in der Studie umrissen: Nur 87 Münchner Jugendliche begingen von 1991 bis 1996 insgesamt 3.226 Straftaten. Diese harte Gruppe, 9,6 Prozent aller Tatverdächtigen, verübte 51,5 Prozent aller Delikte. SPD und Grüne übten scharfe Kritik.

Otto Schily (SPD) nannte Regensburgers Idee eine „aberwitzige Vorstellung“ und hält ihn für verfassungsrechtlich bedenklich. Der Grüne Rezzo Schlauch sprach von grober „Stimmungsmache auf Kosten der Ausländer“. Ob der Vorschlag eine Initiative wird, entscheidet das bayerische Kabinett am 12. Mai. Stefan Kuzmany