Neue Sparzwänge

■ 110 Arbeitsplätze bei der Evangelischen Stiftung Alsterdorf gefährdet

Die rund 3.000 Beschäftigten der Evangelischen Stiftung Alsterdorf fallen von einer Ohnmacht in die nächste. Gerade schien der Überlebenskampf des diakonischen Konzerns halbwegs überstanden, da kündigen sich neue Sparzwänge an: Diesmal geht es um rund 110 Arbeitsplätze.

1995 fehlten den Alsterdorfern schon mal 52 Millionen Mark. Der freie Fall wurde durch Geld von Kirche, Banken und Behörde gestoppt. Aufgrund der restriktiven Budgetpolitik der Krankenkassen in der Behindertenhilfe fehlen aber demnächst weitere zehn Millionen Mark im Etat der Wohnunterkünfte, Krankenhäuser und Schulen, die zu der Stiftung gehören.

2.800 Menschen nutzen die Alsterdorfer Einrichtungen, weitere 1.250 werden nahezu rund um die Uhr betreut. Spätestens 1999 wird nach Auffassung des Vorstandsvorsitzenden Rolf Baumbach der Paragraph 93 des Bundessozialhilfegesetzes greifen. Danach werden die Einrichtungen statt pauschaler Pflegesätze wesentlich niedrigere Entgelte für die Betreuung von Behinderten erhalten. Durch eine gemeinsam mit der Gewerkschaft ÖTV und der Mitarbeitervertretung vereinbarten Binnenmodernisierung will der Vorstand bevorstehende Entlassungen oder Lohneinbußen abbiegen.

Von einer Absenkung der Tarife im Bereich Hauswirtschaft und der technischen Instandhaltung wurde vorerst abgesehen. Küchenarbeiter hätten dann statt 2.900 brutto nur noch 1.900 Mark verdient, rechnet Jens Strampfer von der Mitarbeitervertretung (MAV) vor. Ihr Verdienst würde dann nur unwesentlich über dem Sozialhilfesatz liegen. Die zweite Möglichkeit wäre, diese Leistungen billiger bei privaten Unternehmen einzukaufen. Auch die MAV setzt deshalb auf das Projekt Binnenmodernisierung, das innerhalb von zwei Monaten Doppelarbeit und überflüssige Hierarchien aufspüren soll.

Auf die in Alsterdorf Betreuten kommen neue Veränderungen zu. Bislang wurden zugunsten der Wirtschaftlichkeit kleine Wohngruppen zu größeren Einheiten zusammengelegt. Ältere Behinderte, die teilweise seit Jahrzehnten dort leben, mußten lang erkämpfte Einzelzimmer aufgeben. Mitunter ist nachts nur noch eine einzige Person für mehrere Stockwerke verantwortlich. „Das, was Alsterdorf einmal ausgemacht hat, ist rückläufig“, so eine Pflegerin. lian