Absturz schon bei der Premiere

■ Das neue Betriebssystem Windows 98 von Microsoft hat kurz vor dem Start noch Probleme. Das Verfahren der US-Kartellbehörde wegen der Internet-Software will der Konzern umgehen

Berlin/Chicago (taz/AP) – Bill Gates muß der Titel des alten Boomtown-Rats-Hits durch den Kopf gegangen sein: „I don't like mondays.“ Ausgerechnet bei der Vorführung des neuen Microsoft- Betriebssystems Windows 98 auf der Frühjahrscomputermesse Comdex in Chicago stürzte das System am Montag ab. Ein Mitarbeiter hatte versucht, einen Scanner an den PC anzuschließen. Das ist besonders ärgerlich, weil gerade der vereinfachte Anschluß von Zusatzgeräten mit dem neuen Standard USB (Universal Serial Bus) eine der technischen Verbesserungen sein soll, die Microsoft für Windows 98 angekündigt hat.

„Ich glaube, wir müssen da noch einige Fehler ausbügeln“, sagte Bill Gates zerknirscht und wich auf einen anderen Rechner aus, um seine Präsentation zu Ende zu bringen. „Das muß der Grund sein, weshalb wir Windows 98 noch nicht ausliefern.“ Daß das Betriebssystem erst am 25. Juni auf den Markt kommen soll, dürfte aber auch an dem Dauerstreit mit der Antitrust-Abteilung des US- Justizministeriums liegen, die als Kartellbehörde für die USA fungiert.

Gestern trafen sich die Anwälte von Microsoft und den US-Kartellwächtern vor dem obersten Berufungsgericht in Washington. Es ging um die Verfügung eines Bundesrichters vom Januar, nach der Microsoft Computerherstellern ermöglichen muß, das bisherige Betriebssystem Windows 95 auch ohne den Internet Explorer – eine Software für den Internetzugang – zu verkaufen. Microsoft hatte bis dahin beide im Paket geliefert, den Internet Explorer also verschenkt. Damit eroberte Microsoft innerhalb von zwei Jahren rund 40 Prozent Marktanteil bei der Internetsoftware, den sogenannten Browsern. Die Kartellbehörde sieht in dieser Verkaufspolitik schlicht unlauteren Wettbewerb.

Bill Gates läßt sich bisher von den Störmanövern aus Washington nicht beeindrucken. Beim neuen Windows 98 setzt er auf dieselbe Strategie. Das Betriebssystem wird mit dem Internet Explorer so eng verwoben sein, daß eine Trennung der beiden Komponenten nicht mehr funktioniert. Bei Windows 95 geht das, allen Behauptungen von Microsoft zum Trotz, noch. Das Justizministerium gibt seinerseits keinen Fußbreit nach und ermittelt für eine weitere Klage gegen Windows 98.

Die Befürchtungen des Ministeriums sind nicht nur eine Hysterie von Bürokraten. Windows 95 läuft derzeit auf 77 Millionen PCs weltweit, das sind rund 90 Prozent. Mit dem Umstieg auf Windows 98, das mit dem Microsoft-Browser verzahnt ist, gibt es für Otto-Normal- User keinen Grund mehr, andere Browser zu benutzen. Ergebnis: Über das Betriebssystem fällt Microsoft ein Quasi-Monopol bei der Internet-Zugangssoftware zu.

Nach Ansicht von Bill Gates ist all dies ausschließlich zum Wohle der Computerbenutzer in aller Welt. „Wir haben mehr für die Computertechnik getan als jedes andere Unternehmen“, verteidigte sich Gates vor Kritikern in einer E-Mail-Konferenz auf der Chicagoer Comdex. Nach Ansicht der Konkurrenz bedeutet Microsofts Monopol das Ende der Innovation. Pech für Microsoft: Die Kunden danken dem Software-Riesen seine unermüdliche Arbeit nicht mehr. Laut einer Umfrage der US- Meinungsforscher Techtel Inc. unter 900 Geschäftsleuten aus High- Tech-Unternehmen hat sich das Image von Microsoft drastisch verschlechtert. nbo