Frankreichs Politik in Ruanda war schlecht? Alles gelogen

■ Die führenden französischen Minister während des Völkermords in Ruanda sehen keinen Anlaß für Selbstkritik

Berlin (taz) – Die französischen Politiker, die während des Völkermords in Ruanda 1994 für die Pariser Außenpolitik verantwortlich waren, weisen jegliche Kritik an ihrer damaligen Politik zurück. Vor einer Parlamentskommission sprachen gestern Edouard Balladur (damals Premierminister), Alain Juppé (Außenminister), François Léotard (Verteidigungsminister) und Michel Roussin (Entwicklungsminister) statt dessen von einer „Kampagne gegen Frankreich“.

Die „Informationsmission“ war am 3. März von der Verteidigungskommission der französischen Nationalversammlung eingesetzt worden, um auf Kritik an Frankreichs Rolle in Ruanda vor und während des Völkermords zu antworten. Die Aufgabe der achtköpfigen Mission, geleitet vom ehemaligen sozialistischen Verteidigungsminister Paul Quilès, besteht in der Untersuchung der „Militäroperationen Frankreichs, anderer Länder und der UNO in Ruanda zwischen 1990 und 1994“. Die französische Regierung hatte mit Ruanda bis 1994 auf militärischem Gebiet eng zusammengearbeitet. Im Februar waren in der französischen Presse Vorwürfe laut geworden, Frankreich habe noch während des Völkermords Waffen an Ruanda geliefert. Zwischen April und Juni 1994 wurden über 800.000 Menschen, zumeist Angehörige der Tutsi-Minderheit, von extremistischen Milizen und Einheiten der ruandischen Armee umgebracht.

Der gestrige Auftritt der vier Exminister war der bisherige Höhepunkt der Arbeit der Informationsmission, die bisher lediglich Wissenschaftler und Menschenrechtler angehört hat. Heute soll Jean- Christophe Mitterrand auftreten, Sohn des mittlerweile verstorbenen ehemaligen Staatschefs François Mitterrand. Insgesamt sind etwa 60 Zeugen geladen. Angehörige der einstigen französischen Militärmission in Ruanda sind allerdings nicht darunter, was in Frankreich auf Kritik gestoßen ist. D.J. Berichte Seite 11