Krötengesicht mit Hoffnungen

■ Nach der Auflösung von House Of Love kommt Guy Chadwick mit gemächlichen Liebesliedern und einer Einladung zum Tee

Ernst blickt Guy Chadwick vom Cover seines ersten Soloalbums Lazy, Soft & Slow. Das Gesicht des Sängers ist verwittert und unrasiert, der Mann hat offensichtlich schon bessere Tage erlebt. Doch auch damals bewies Chadwick Mut zur Häßlichkeit: Unvergeßlich bleibt das Chaos-Up seines Krötengesichts auf dem Singlecover von Christine, dem vielleicht größten Moment von The House Of Love, der Band, mit der Chadwick in den späten Achtzigern zu einem der größten Hoffnungsträger der britischen Popmusik avancierte.

Als „die nächsten U2“wurden House Of Love 1988 bezeichnet; nach nur vier Singles zierten Chadwicks eingefallene Wangen die Titelblätter der englischen Weeklies. Doch drei dieser Creation-Singles waren tatsächlich Klassiker des durchemotionali-sierten britischen Pop-Songwritings: Shine On rührte mit dosiertem Pathos zwischen Zischen und Klagen; Christine folgte aufs Schönste der packenden Idee von Jesus & Mary Chain: Ein melodischer Popsong verträgt reichlich Gitarrenkrach; Destroy The Heart schließlich war kurz, drängend und schlüssig. Doch der Weg auf die Stadionbühnen blieb für House Of Love versperrt: Ihre Alben hielten nie die Versprechungen jener Singles und ein äußerst hedonistischer Lebenswandel Guy Chadwicks ließ den „writer's block“wiederkehren. Ärger mit der neugefundenen großen Plattenfirma und vor allem der Ausstieg von Gitarrist Terry Bickers, der sich mit Levitation der selbstgefälligen Psychedelik hingab, zerrütteten die Band.

1993 löste Chadwick House Of Love auf. Jahre in der Vergessenheit folgten: Gelegentlich hörte man von kurzlebigen Bandprojekten, besorgniserregendem Drogenkonsum und einem Umzug nach Belgien. Das Londoner Label Setanta überredete Chadwick schließlich dazu, „einfach mal wieder Popsongs zu schreiben“.

Doch Chadwick hat nicht einfach Popsongs geschrieben, sondern ein Album voller gemächlicher Liebeslieder, in denen er etwa darum bittet, mit „Tee und Küssen und Wein gefüttert“zu werden. Vom Cocteau Twin Robin Guthrie produziert, steht die Platte in einer Singer/Songwriter-Tradition, in der der Grat zwischen Rührung und Langeweile schon immer schmal war. Und an die Großen des Genres wie Chadwicks erklärtes Vorbild Leonard Cohen oder an Nick Drake können die gefällig klimpernden Gitarrenmelodien auf Lazy, Soft & Slow nicht heranreichen.

Einzig bei You've Got A Hold On Me wird das Tempo, wenn auch nur ein wenig, angezogen, und prompt kommen in früheren House Of Love-Fans schöne Erinnerungen hoch. Da zudem fürs Konzert auch einige alte Hits versprochen werden, werden diese Chadwicks Auftritt auch nicht versäumen wollen. Felix Bayer Do, 23. April, 21 Uhr, Schlachthof