Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

An Angel At My Table Neuseeland 1990, R: Jane Campion, D: Kerry Fox, Karen Fergusson / Originalfassung ohne Untertitel

„Though adapted for television from three volumes of autobiography by New Zealand writer Janet Frame, Campion's film is both wholly cinematic and true to her own preoccupations. Her subject is the privations and anxieties of childhood and adolescence, the weird absurdity of ordinary life, and the disconcertingly thin line between normality and madness, all depicted with an unsentimental honesty that veers abruptly (but never jarringly) between naturalism and surrealism, comedy and tragedy. As the introverted Frame – a plain, bubble-haired redhead born into a poor, close-knit family in 1924 – progresses through school, college and erroneously diagnosed schizophrenia towards final liberation as a respected writer, Campion deploys a wealth of economically observed details to explore her heroine's passionate, deceptively placid perceptions of the world. Watching her hard, slow struggle for self-respect, happiness and peace becomes a profoundly moving, strangely affirmative experience.“(Time Out) Kultursaal der Angestelltenkammer

Anastasia USA 1997, R: Don Bluth, Gary Goldman

„Den Angriff auf Disney, denn nichts anderes ist „Anastasia“, hat sich das Hollywood-Studio „20th Century Fox“einiges kosten lassen. So ganz aufgegangen ist die Rechnung (noch) nicht; „Anastasia“hat in den USA so gerade einmal die Produktionskosten hereingeholt. Verstecken muß sich das Trickmärchen vor den Produktionen der Erben von Onkel Walt aber nicht. Die Zutaten stimmen: ein bißchen Poesie, ein wenig Legende, viel Märchen und Kitsch und jede Menge Gefühl und Romantik, abgeschmeckt mit einem Hauch Historie. Die Geschichte der jungen Anya, die – verfolgt vom Bösewicht Rasputin – beweisen muß, daß sie die verlorene Zarentochter ist, hat alles, was auch jeden Disney-Film auszeichnet. Bleibt nur die Frage, wer sich für diese romantisch-harmlose Liebesmär interessiert.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Casablanca (Ol)

Auf Messers Schneide USA 1997, R: Lee Tamahoris, D: Anthony Hopkins, Alec Baldwin

„Ein Flugzeugabsturz wirft den Milliardär Charles (Anthony Hopkins) ins tiefste Alaska. Dort muß er die Elemente und den Verehrer (Alec Baldwin) seiner Frau bezwingen. Lee Tamahoris Wildnis-Melodram gipfelt im Kampf mit einem gigantischen Kodiakbären. Daß die beiden Grünhörner im selbstgefertigten Bärenpelz dem Showdown entgegenstapfen, macht das Abenteuergarn nicht glaubwürdiger.“(Der Spiegel) City, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

B

bauhaus – ein Mythos der Moderne Deutschland 1998, R: Niels Bolbringer, Kerstin Stutterheim

„Ausgehend von den Erzählungen einiger Studenten der Bauhausbewegung der Dessauer Zeit, fast neunzigjährigen Zeitzeugen, schlägt der Film einen weiten Bogen von der Entstehungs- zur Wirkungsgeschichte des für die kulturell-ästhetische Entwicklung dieses Jahrhunderts so wichtigen Instituts.“(Kommunalkino) Kino 46

Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt

„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“– O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt. Eigentlich ist dem Titel nichts hinzuzufügen: Besser geht's nicht!“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

The Big Lebowski USA 1998, R: Joel Coen, D: Jeff Bridges, John Goodman, Steve Buscemi

Oblomow trifft hier auf Philip Marlowe, und man muß schon die irrwitzige Fantasie der Coen-Brothers haben, um den größten Faulpelz der Literaturgeschichte und den gebrochen romantischen Privatdetektiv in einer Figur zu vereinen. Jeff Lebowski gilt als „der trägste Mensch von Los Angeles“: der ewige Hippie läuft ewig bekifft und in Boxershorts durch den Film. Ausgerechnet dieser Antiheld wird nun in eine höchst komplizierte Entführungsgeschichte verwickelt, bei der die Konventionen des Detektivfilms von den Regisseuren mit schönstem Übermut ad absurdum geführt werden. Als ihre „Version einer Raymond-Chandler-Story für die 90er“verstehen Joel & Ethan Coen den Film, und sie arbeiten dafür nach der gleichen Methode wie Robert Altman in dessen Chandler Adaption „The Long Goodbye“. Die beiden Filmtitel ähneln sich wohl nicht nur zufällig. Wie Altman gehen die Coens von ihren Erfahrungen im heutigen Los Angeles aus, und stopfen den Film mit all den absurden Geschöpfen voll, die keine Stadt so bevölkern wie diese. Drei davon sind aus Deutschland und sehen aus wie ein Sampling aus Skinheads, Avandgardekünstler und Lederfetischisten. Und diese dummdreisten Teutonen unterhalten sich, bevor sie ihr dressiertes Kampf-Frettchen auf den armen Jeff Bridges hetzten, darüber, wie gemütlich es doch einst in BREMEN war. Mehr internationalen Kinoruhm wird unsere Stadt wohl kaum erringen. (hip) Schauburg, Casablanca (Ol)

C

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Und im großen und ganzen hat Vilsmaier auch alles richtig gemacht: Die Ausstattung ist prächtig, und das Grundübel aller Biopics löste er mit dem gängigen Trick: Wenn zu wenig passiert, kommt eine Liebesgeschichte immer gut. Vilsmaier will großes Gefühlskino, und so freuen wir uns mit den netten Jungs, wenn sie nach soviel Probenarbeit endlich den verdienten Erfolg haben, und wenn die Nazis sie dann mit ihren Rassegesetzen auseinanderzwingen, sind wir angemessen empört. Dabei hat er natürlich geglättet: Die böse Pointe, daß die arischen Bandmitglieder ihre jüdischen Partner nach deren Emigration in die USA wegen Verdienstausfalls verklagten, verschweigt er uns, um damit nicht den rührenden Abschied am Bahnhof zu verderben, bei dem die schöne junge Frau sich dann doch noch für das richtige Bandmitglied entscheidet. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) City, Gondel, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

D

Dämon USA 1998, R: George Hoblit, D: Denzel Washington, John Goodman, Donald Sutherland

„Regisseur George Hoblit versucht hier ein bekanntes Genre zu erweitern. Dies ist ein Serienmörder-Thriller, in dem der Täter nicht nur irgendein axtschwingender Psychopath ist, sondern ein Dämon, der von Gastkörper zu Gastkörper springen kann wie eine Kopflaus von Beelzebub. Der gewinnbringend gruselige Trick verwandelt den Film in ein Spiel von Bäumchen-wechsle-dich, in dem die Mehrheit der Besetzung – von Stars bis zu Statisten – ihre Gelegenheit zu einem Nicholson-gleichen Grinsen mit dämonischer Besessenheit erhalten. Auf der Seite der Engel spielt Denzel Washington den Detektiv John Hobbes, der für seinen neuen Fall in staubigen Gräbern graben, und sich mit einer zauberhaften Theologin unterhalten muß. Vor kurzem wurde in „The Devils Advocate“mit Keanu Reeves und Al Pacino Satanismus mit lesbischer Liebe, Inzest und Bourbon on the Rocks assoziiert. Der Teufel dieses Films kommt echten Perversionen noch am nähesten in seiner Vorliebe für Mick Jagger und Cornflakes. Hoblit kopiert hier die gerichtsmendizinischen Greulichkeiten von Sieben“. Er verwöhnt uns mit der gleichen dunklen Ikonographie von rußigen Glühbirnen, käsigem Licht, von Regen gepeitschten Fenstern und schmutzigen Tapeten. Doch obwohl es ihm an Originalität mangelt ist „Fallen“(so der Originaltitel) die bei weitem effektivste Variation des Themas.“(The Independent) City

Die Distel Deutschland 1992, R: Gernot Krää

Mit dem kleinen Detektiv Emil und Kalle Blomkvist kann es Trudi allemal aufnehmen. Mit Kinderkrimis gibt sich das aufgeweckte kleine Mädchen erst gar nicht ab: Ihr Held ist Sherlock Holmes, und ihr Kater heißt natürlich Watson. Regisseur Gernot Krää muß dagegen die Bücher von Erich Kästner und Astrid Lindgren genau studiert haben, denn sein Kriminalfilm für Kinder ist im Grunde ein Remake der beiden Klassiker. Krää hat die alten Vorlagen konsequent auf den heutigen Stand gebracht: Trudis Freunde sind ein Computerkid und ein Ausreißer mit kaputter Familie und Kontakten zur Kneipenszene. Trudi lebt bei ihrer esoterischen Tante, die sich mit Obertonsingen ihr tägliches Tofu verdient. Die Grundregel ist, daß die Kinder immer den Erwachsenen überlegen sind. Sie sind frecher, schneller, klüger, gewitzter, und über die dummen Großen kann kind immer noch am besten lachen. (hip) Kino 46

The Dressmaker Großbritannien 1988, R: Jim O'Brien, D: Joan Plowright, Billie Whitelaw / Originalfassung ohne Untertitel

„The whole cast rises to the occasion – a chance to appear in John McGrath's fine adaption of the 1973 Beryl Bainbridge novel. Joan Plowright as Nellie, the prudish unmarried dressmaker, and Billie Whitelaw as Margo, the widow with a roving eye who works in a munition factory, are sisters. The setting is Liverpool in 1944, and the plot centers on what happens when sallow, skinny Rita (Jane Horrocks), the 17-year-old niece they have raised, falls in love with Wesley (Tim Ransom), a yank from Mississippi, but is frightened of his hands on her an keeps slapping him away. There's a tinge of comedy in the situation, but there's also a tinge of queasy horror. This good, inexpensive British movie is about morbid respectability, and the director, Jim O'Brien, makes it possible for the actors to create a maze of claustrophobic subtexts. It's doubtful if either Plowright or Whitelaw has ever before been this scarily effective onscreen; Whitelaw's sky-blue eyes stab you – she seems to have become the nakedest of performers.“(Pauline Kael) Kultursaal der Angestelltenkammer

F

Flubber USA 1997, R: Les Mayfield, D: Robin Willams, Marcia Gay Harden, Christopher McDonald u.a.

„Eigentlich müßte Flubber bei uns Flummi heißen: Fliegendes Gummi ist der Star dieser Disney-Komödie. Die neueste Erfindung von Professor Brainard (Robin Williams) birgt ungeahnte Talente; hundertfach vervielfältigt, legt die grünlich-schleimige Substanz einen flotten Mambo aufs Parkett und geht ab wie eine Rakete, wenn man sie anschubst. Das schreit nach bösen Buben, die die Wundermasse zu Geld machen wollen ... Immer wieder versucht Disney, mit Remakes erfolgreicher Komödien Kasse zu machen. Die klingelt bei der Neuauflage von „Der fliegende Pauker“auch lautstark, schließlich handelt es sich um wohl kalkulierte, amüsante Familienkurzweil.“(TV Spielfilm) UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Flußfahrt mit Huhn Deutschland 1983, R: Arend Agthe, D: Julia Martinek, David Hoppe

Vielleicht der einzige wirklich gelungene deutsche Kinderfilm seit den Tagen des seligen Kästners. Vier Kinder machen auf einem Gummiboot eine abenteuerliche Flußfahrt, und weil sie dabei die Weser herunterschippern, bekommt man am Schluß sogar ein klein wenig Bremer Flußufer zu sehen. Der Film ist ganz und gar auf der Seite der Kinder, kein pädagogischer Zeigefinger wagt seine gräßliche Kuppe zu erheben, und man merkt, daß Regisseur Agthe hier all die Streiche zeigt, die er als Knirps wohl gerne den Erwachsenen gespielt hätte. (hip) Gondel

Frisch vom Lande Norddeutschland 1997-98

Ein Kurzfilmprogramm mit Werken aus dieser Region, darunter auch drei Bremer Produktionen, die unter dem Titel „Die Lieben zum Land“für die NDR-Reihe „Der dokumentarische Blick“produziert wurden. Kino 46

G

Good Will Hunting USA 1997, R: Gus van Sant, D: Matt Damon, Robin Williams

„Der junge Will Hunting jobbt als Putzhilfe an der Uni. Nachts löst er dort nebenbei die schwierigsten Mathematik-Aufgaben, die auf der Tafel noch übriggeblieben sind. Professor Lambeau erkennt das Genie, das in dem Jungen steckt. Doch der wilde Will aus der Vorstadt prügelt sich lieber mit seinen Arbeiter-Kumpels. Des Lehrers letzte Hoffnung ist sein einstiger College-Kollege Sean McGuire, ein Psychiater-Freak. Zwischen dem traumatischen Teenie und dem schrägen Therapeuten entwickelt sich ganz langsam eine Vater-Sohn Freundschaft.“(Bremer) Schauburg, Casablanca (Ol)

H

Hamlet Großbritannien 1997, R: Kenneth Branagh, D: Kenneth Branagh, Gerard Depardieu, John Gielgud, Jack Lemmon

Irgendwann mußte Branagh auch noch „Hamlet“machen, obwohl es nach seiner eigenen Aussage „bereits einige vorzügliche Verfilmungen“gibt. Nur an die ungekürzte Fassung hat sich noch kein Filmregisseur gewagt, und diese präsentiert Branagh jetzt wohl eher aus sportlichem Ehrgeiz in vier Stunden und im 70mm-Breitwandformat. Seine Interpretation ist so fast zwangsläufig eher breit als tief, und Branagh selber ist in der Titelrolle mit seinen ständigen, grandiosen Gesichtszuckungen und Gesten eher ein großer Zappler als der großer Grübler. Aber überraschenderweise wird einem die Zeit nicht lang, die einzelnen Szenen sind kunstvoll und originell ausgeführt, und auch die Entscheidung, das Stück im klassizistischen 19. Jahrhundert spielen zu lassen, war geschickt. Statt Strumpfhosen gibt es nun viele schicke Kostüme zu bewundern, und in dem verschneiten Schloß können die Dänen sehr fotogen in prunkvollen Sälen zwischen schönen Möbeln leiden. (hip) Europa

Hard Rain USA 1997, R: Mikael Salomon, D: Morgan Freeman, Christian Slater

„Von tiefen Wassern und flachen Charakteren erzählt „Hard Rain“. Geschrieben von Graham Yost („Broken Arrow“, „Speed“) und inszeniert von Mikael Salomon, der schon bei der wässrigen Unterhaltung von „The Abyss“für die Kamera verantwortlich zeichnete, ist dies ein prominent besetzter Desasterfilm, der mehr durch die Spezialeffekte als durch eine glaubwürdige Geschichte auffällt. Dies ist einer der Filme, der die Spannung dadurch unterminiert, daß er zu sehr die Erwartungen der Zuschauer erfüllt, die den Bekanntheitsgrad der Stars mit ihren Überlebenschancen gleichsetzten. Es gibt keinen Moment des Zweifels daran, wer diese Nacht der Gewalt und Naturgewalten überlebt, und beim Finale scheint die ganze Geschichte um den Überfall auf einen Geldtransporter nicht mehr als ein Vorwand zu sein, um zwei Stunden lang extrem feuchte Stunts vorzuführen.“(New York Times) City, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Harold & Maude USA 1971, R: Hal Ashby, D: Ruth Gordon, Bud Cord

„Ashbys schwarze Komödie über die Liebesgeschichte zwischen einem depressiven 20jährigen Mann/Kind und einer optimistischen 80jährigen Frau ist einer der populärsten von allen Kultfilmen. Er hat eine erhebende Qualität, eine Frische, ein Funkeln, einen wunderschönen Sinn für erfolgreiche Rebellion. In diesem Film über Tod und Auferstehung, wo sich Leben und Sterben kontinuierlich überlappen, werden schließlich Maudes Lebensenergien auf Harold übertragen – er wird leben wie sie es ihn gelehrt hat.“(Danny Peary) Cinema

Härtetest Deutschland 1997, R: Janek Rieke, D: Janek Rieke, Lisa Martinek

„Jonas ist 26. Er frühstückt mit seiner Mutter, arbeitet für seinen Vater, hat Angst vor Schlangen, reagiert allergisch auf Nüsse und würde niemals Drogen nehmen. Und dann verliebt sich Jonas in die hartgesottenste Frau der Stadt. Der junge Filmemacher Janek Rieke hat es gewagt, eine weitere deutsche Komödie zu drehen, und die ist tatsächlich lustig geworden. Er spielt den Jonas als ängstlichen Hasenfuß, der sich in die radikale Ökokämpferin Lena verliebt, in dieser charmanten Liebeskomödie mit einer erfrischenden „Katja-Riemann-Freizone“. (Der Spiegel) Cinema, Casablanca (Ol)

Heirat nicht ausgeschlossen USA 1997, R: Mark Joffe, D: Janeane Garofalo, David O'Hara

„Liebeskomödie mit einer fast inflationären Fülle von irisch schrulligen Gags. Wahlkampfhelferin Marcy soll für ihren dümmlichen Bostoner Senator nach Irland reisen, um dort seine angeblich irische Ahnentafel auszukundschaften. Ihre Nachforschungen werden manipuliert und behindert von einem dort gerade stattfindenden Heiratsvermittlungsfestival. Die Eigendynamik aus Kuppelei und balzenden irischen Verehrern wirft die genervte Amerikanerin plötzlich selbst mitten ins Liebeschaos.“(tip) UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol

Hercules Nusa 1997, R: Ron Clemens

„Dies ist nach dem eher ernsthaften „Glöckner von Notre Dame“eine Rücckehr zum süßlich-komischen Stil von „Die kleine Meerjungfrau“und „Aladin“. Es ist natürlich völlig anders als alles, woran wir uns aus der antiken Heldensagen erinnern: sehr amerikanisch, laut und vulgär, aber halt auch ein großer Spaß.“(Christopher Tookey) Atlantis

I

Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast USA 1997, R: Gim Gillespie, D: Jennifer Love Hewitt, Sarah Michelle Gellar

„Nach einer wilden Party brausen die Teenie-Helden: Julie, Helen, und ihre Freunde Barry und Ray im BMW von Barrys Dad durch die Nacht. Als sie einen Landstreicher überfahren, beschließen sie, den Toten in die benachbarte Bucht zu werfen. Ein Jahr später bekommt jeder der vier einen Brief mit dem Satz: „Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast“. Ein blutiger Alptraum beginnt... Nicht ganz so clever und selbstironisch wie „Scream“und „Scream 2“, doch mit schnuckeligen TV-Stars, reichlich Schockmomenten und mörderisch gutem Soundtrack.“(TV Spielfilm) UT-Kinocenter

Das industrielle Gartenreich Deutschland 1995, R: Niels Bolbringer, Manfred Herold

Die Lage in Mitteldeutschland hat sich verändert, die in den zwanziger Jahren blühende Industrieregion um Dessau ist eine altindustrielle Krisenregion geworden. Das „neue bauhaus Dessau“versucht hier an den Leistungen des historischen bauhauses anzuknüpfen, und diesen Prozeß beschreibt der Dokumentarfilm. Kino 46

J

Jackie Brown USA 1998, R: Quentin Tarantino, D: Pam Grier, Samuel L. Jackson, Robert De Niro

„Was machen Kult-Filmer nach dem Mega-Hit? Sie backen bewußt erstmal kleinere Brötchen. Auch Trendmeister Tarantino entgeht der Versuchung, „Pulp Fiction“krampfhaft zu überbieten. Statt dessen kocht er „Jackie Brown“auf Sparflamme. Ein kleiner Krimi von Elmore Leonard („Schnappt Shortie“), in dem eine pfiffige Stewardeß fürs FBI einen Waffenhändler überführen soll. Die Hauptrolle spielt Pam Grier, jene Blaxploitation-Queen aus den 70er Jahren, das nette schwarze Mädel in rassistischen Ramsch-Serien. Den endlos quasselnden Waffenhändler gibt „Pulp“-Bube Samuel L. Jackson, dem als trotteliger Partner Robert De Niro zur Seite steht. QT-Fans werden schockiert sein über das Fehlen von Gewalt: Nur vier Leichen pflastern seinen Weg, nur einmal spritzt Hirn über die Windschutzscheibe. Dramaturgisch präzise und mit gewohnt lässigen Dialogen entwickelt Tarantino sein skurriles Figurenkabinett. Daß er sich dabei zweieinhalb Stunden Zeit läßt, erfordert beim MTV-verwöhnten Zuschauer zwar Geduld. Die spielfreudigen Akteure und der schmalzige 70er-Jahre-Soundtrack machen Quentins Krimi-Tango dennoch zum unterhaltsamen Kinovergnügen – ganz ohne Kult-Getue.“(Bremer) Schauburg, Passage (Del), Casablanca (Ol)

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Gondel, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

L

L.A. Confidential USA 1997, R: Curtis Hanson, D: Guy Pears, Russell Crowe, Kevin Spacey, Kim Basinger

„Wahrscheinlich kommen einem angesichts von „L.A. Confidential“so viele andere, ältere Filme wie „Chinatown“und die besseren Chandler- und Hammett-Adaptionen in den Sinn, weil diese James Ellroy Verfilmung all jene Qualitäten aufweist, die sich die heutigen amerikanischen Studioproduktionen mit ihren schlichten Formeln und simplen Konzepten nicht mehr leisten zu können glauben: Sie wagt eine ungeheure Komplexität, läßt Raum für Widersprüche und Irritationen und nimmt sich viel Zeit für die Schilderung von durchweg ambivalenten Figuren. Wenn nicht alles so modern und zeitgemäß anzusehen wäre, würde man sagen: ein wunderbar altmodischer Film“(epd-film) City

Das Leben ist ein Chanson Frankreich 1997, R: Alain Resnais, D: Sabine Azema, Pierre Arditit, Jean-Pierre Bacri

„Alain Resnais hat den vielleicht durchgedrehtesten und mit Sicherheit lustigsten Film seiner Karriere gedreht: Musical, Boulevardstück, Tragi-komödie und Kulturkritik mit den Mitteln des Chansons. Quer durch die Chansongeschichte setzt Resnais berühmte Lieder immer wieder wie Dialoge ein. Mit der Musik nimmt sich der Film ganz tröstlich der Sorgen und Selbstzweifel seiner Heden an, die sich mit Ehekrisen, Liebeskummer, falschen Traummännern und der Suche nach der Traumwohnung herumschlagen. Und durch die Platitüden, Binsenweisheiten und vertrauten Melodien der Chansons kommt man den Figuren nahe.“(tip) Gondel

M

Der Mann mit der eisernen Maske USA 1998, R: Randall Wallace, D: Leonardo DiCaprio, Jeremy Irons, John Malkovich; Gerard Depardieu

„Bei „Titanic“war das Eis sein Schicksal, jetzt spielt Leonardo DiCaprio selbst einen Eisberg: den jugendlichen Louis XIV., der seinen Hofstaat demütigt, das Volk hungern läßt und diverse Hofdamen flachlegt. Schlimm, schlimm, findet Übervater d'Artagnan, und prompt erwachen auch die anderen Musketiere aus dem Vorruhestand. Zwar sagen sie weiter brav ihre Kalendersprüche auf, ersinnen aber einen Plan, den bösen König gegen dessen Zwillingsbruder (DiCaprio zum zweiten) auszutauschen. Der langweilt sich in einem Kerker, hat darüber hinaus eine Maske vor dem Gesicht – vielleicht ganz praktisch während der Pubertät, auf die Dauer aber recht lästig. Also weg mit dem Ding und dem fiesen Bruder, der Thron ruft! Doch bis es soweit ist, bekommt man in diesem zähen Historical viel Mantel, aber wenig Degen zu sehen.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Gloria (Del)

Mäusejagd USA 1997, Gore Verbinski, D: Nathan Lane, Lee Evans

„Die Brüder Ernie und Lars Smuntz erben eine Fabrik, ein Haus und eine Maus. Die Fabrik scheint den Brüdern wertlos zu sein, das Haus aber wollen sie versteigern; nur die Maus muß raus. Der Werbefilmer Gore Verbinski nutzt diesen einfachen Plot, um zu zeigen, was er so alles kann. Aber nach der zehnten überrraschenden Kamerafahrt ist die „Tom und Jerry“-Dramaturgie verbraucht, und auch die Maus fängt irgendwann an, höllisch zu nerven.“(tip) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Passage (Del), Solitaire (Westerstede)

Niki de Saint Phalle Deutschland 1994, R: Peter Schamoni, D: Niki de Saint Phalle

Die französisch-amerikanische Künstlerin Niki de Saint Phalle erzählt von ihrem Leben, ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem Kinetikkünstler Jean Tinguely Cinema

P

Palast des Schweigens Tunesien 1994, R: Moufida Tlatli, D: Ahmel Hedhili, Hend Sabri

„Als die Sängerin Alia nach zehn Jahren den Palast betritt, in dessen Dienstbotentrakt sie als Kind mit ihrer Mutter gelebt hat, verbergen sich überall Erinnerungen. An die Arbeit in der Küche, an kultiviertes Gehabe, sexuelle Ausbeutung und die väterliche Art des Hausherrn. Ein Portrait der tunesischen Gesellschaft der fünfziger und sechziger Jahre. Die Lebensläufe der Frauen unterschiedlicher Generationen weisen viel engere Parallelen auf, als die Heldin wahrhaben will. Moufida Tlatli wechselt schlafwandlerisch die Zeitebenen, blickt hinter die morsche Fassade des sterbenden Feudalsystems, verliert sich genüßlich in kleinen Fluchten und der Schönheit des Augenblicks.“(tip) Cinema

R

Der Regenmacher USA 1997, R: Francis Coppola, D: Matt Damon

„Matt Damon spielt diesen jungen Anwalt, der ein paar hilflose Gestalten zu retten versucht und dabei zwei eher banale Dinge feststellt – nämlich daß Macht korrumpiert und ein guter Anwalt meistens nur ein reicher Anwalt wird, wenn er irgendwann beginnt, diese Spiel mitzuspielen. Auf diesen schlichten Botschaften beruht fast der gesamte Erfolg des Erzählers John Grisham, aber Coppola gelingt es, aus einem biederen Sozialporno bewegendes Kino zu machen. Denn seine Helden wissen nicht, was sie tun; sie stolpern durch die Welt und wollen ihre Träume nicht aufgeben, aber trotzdem ein wenig Anstand wahren. Es gibt viele Regisseure, die so eine Geschichte mit dem großen Zeigefinger platt drücken würden. Coppola dagegen zeigt noch einmal den epischen Reichtum seiner Erzählkunst: populär und persönlich und natürlich entertaining.“(Der Spiegel) UT-Kinocenter

S

Der Schakal USA 1997, R: Michael Caton-Jones, D: Bruce Willis, Richard Gere, Sidney Poitier

„Der „Schakal“agiert so verborgen, daß sogar das FBI lange zweifelt, ob der Auftragskiller nicht nur ein Mythos ist. Doch als er für 70 Millionen Dollar die First Lady der USA ins Visier nimmt, müssen die Behörden handeln. Ha! 70 Millionen Dollar? Lächerlich! Doch die Summe verliert rasch an Dimension angesichts des üblichen Budgets für einen durchschnittlichen Actionfilm mit A-Stars. In diesem Fall freilich wäre das Geld fast überall anders besser investiert gewesen. Riesige logische Löcher, ein Bruce Willis weit unter seinem Niveau, vor allem aber ein politisch korrekter Weichspülgang, der jeden Zynismus aus Forsyths Roman gewaschen hat, sind die Ingredienzen dieser lauwarmen Melange.“(tip) UT-Kinocenter, Passage (Del), Solitaire (Westerstede)

Die Schwächen der Frauen Lux/Bel/F/Ch/P/Sp 1997, R: Luis Galvao Teles, D: Carmen Maura, Miou-Miou, Guesch Patti

„Was sind die geheimen Wünsche einer Frau von 40?“recherchiert in dem Film des Portugiesen Luis Galvao Teles die Fernsehjournalistin Linda Lapa (Carmen Maura), und die Antworten, die sie von ihren Freundinnen erhält, sind keine großen Überraschungen. „Cherchez le homme“ist das Grundthema dieses Episodenfilms, in dem fünf Filmstars aus vier verschiedenen Ländern in einer Art Reigen zu sehen sind – alle sind sie schicke Heldinnen aus der Oberschicht, und mit einer Ausnahme enden ihre romantischen Verwicklungen in einem Happy End. Mit Carmen Maura, Miou-Miou, Marisa Berenson und Marthe Keller hat der Film gleich vier Stars, die jede für sich einen Film hätte tragen können. Und auch die Popsängerin Guesch Patti („Etienne“) wirkt bei ihrem Leinwanddebüt sehr souverän und attraktiv. Dafür, daß das Drehbuch offensichtlich auf dem Reißbrett entstand, und die Coproduktion von Luxemburg, Frankreich, Belgien, Portugal, Spanien und der Schweiz einer der inzwischen berüchtigten „Europuddinge“ist, funktioniert er erstaunlich gut. Teles hat für die leichtfüßige Liebeskomödie den passend eleganten Stil, und das romantische Lissabon beweist hier einmal mehr, daß es neben Venedig die schönste Filmstadt Europas ist. (hip) Atlantis

Schwarze Sonne Deutschland 1997, R: Rüdiger Sünner

„Der Film versucht, Hintergründe des Nationalsozialismus aufzuhellen, die in Deutschland noch weitgehend unbekannt sind: das weitverzweigte esoterische Gedankengut sowohl der Vordenker als auch der Vollstrecker des arischen Weltherrschaftswahns. Okkulte Phantasien über versunkene Kontinente wie „Thule“und „Atlantis“als angebliche Urheimat der Germanen oder die Deutung der Runen als älteste Schrift der Welt führten zu einem Überlegenheitsgefühl, dessen Folgen wir alle kennen. Der Film ist ein chronologische Reise zu den Ursprüngen der Nazi-Ideologie und sucht zahlreiche, heute noch existierende „Kultorte“auf, an denen sie sich entfaltete.“(Produktionsnotizen) Kino 46

Scream 2 USA 1997, R: Wes Craven, D: Neve Campbell, Courtney Cox, David Arquette

„In einer der besten Szenen dieses Films wird über Fortsetzungen berühmter Filme diskutiert und warum die niemals gelingen können. „Scream 2“ist eine Fortsetzung, und sie ist noch gelungener als ihr Vorgänger. Womit einiges über die Ironie, den Witz und die Cleverness dieses Horrorfilms von Wes Craven (Regie) und Kevin Williamson (Buch) erzählt wäre, der sein eigenes Genre spiegelt, um das Spiegelbild noch einmal zu spiegeln.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Short Cuts USA 1993, R: Robert Altman, D: Tim Robbins, Lily Tomlin, Lyle Lovett, Jack Lemmon

„Frei, aber wesenstreu nach Raymond Carver's Geschichten schildert Robet Altman neun kunstvoll verschränkte Geschichten um einen untreuen Polizisten, einen verklemmten Arzt, einen eifersüchtigen Piloten, rücksichtslose Angler, eine alternde Kellnerin, einen egozentrischen Bäcker, trauernde Eltern, unzuverlässige Nachbarn, eine mütterliche Sex-Telefonistin, eine rauhbeinige Jazz-Sängerin und eine hypersensible Cellistin. Ein würdiger, hervorragend gespielter Nachfolger von Altmans Sittengemälde „Nashville“.“(Zoom) Gondel, Atelier

Spätes Glück Deutschland 1997, R: Marianne Strauch

„Ein Dokumentarfilm, der vier Personen porträtiert, die ihrer eher konventionellen Biographie eine Wende gegeben haben. Eine von Geburt an Blinde entdeckt plötzlich ihr Gesangtalent und beschließt als Sängerin berühmt zu werden. Ein Hausfrau verliebt sich nach 37jähriger Ehe in einem jungen Mann. Eine rheumakranke Frühpensionärin entdeckt ihre Liebe zum Theaterspielen, und zwei Menschen fortgeschrittenen Alters erleben eine Liebesgeschichte mit happy end.“(Produktionsnotizen) Schauburg

Sphere USA 1998, R: Barry Levinson, D: Dustin Hoffman, Sharon Stone, Samuel L. Jackson

„Ein interessantes Projekt verhieß der Unterwasser-Thriller „Sphere“: Die Vorlage stammt vom Bestsellerautor Michael Crichton („Jurassic Park“), die Produzenten holten eine hochkarätige Starbesetzung an Bord, und mit Barry Levinson („Rain Man“) inszenierte ein Regisseur, der für seine gute Schauspielerführung bekannt ist. Dennoch steht als Ergebnis unterm Strich ein dröges Drama, das man besser in der ewigen Dunkelheit der Meere versenkt hätte. Woran hat's gelegen? Zum einen zählt Crichtons bereits 1987 erschienener Roman eher zu seinen schwächeren Werken. Zum anderen mangelt es der Story an Originalität. Hinter jedem „Einfall“schimmern von „Contact“über „Abyss“bis hin zu „Alarm im Weltall“die Vorbilder durch. Daraus haben die „Sphere“-Macher einen mäßig innovativen Genre-Cocktail destilliert.“(Bremer) UFA-Palast, Passage (Del)

T

Taxi Driver USA 1975, R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Jodie Foster, Harvey Keitel / Originalfassung mit Untertiteln

„Robert de Niro ist in fast jeder Einstellung von Martin Scorseses fieberndem, entsetzlich komischen Film über einen New Yorker Taxifahrer. De Niros entzündete, fast platzende Augen sind die Brennpunkte der Kompositionen. Er ist Travis Bickle, ein Außenseiter, der keinen Eitritt findet in die menschliche Gesellschaft. Er fährt nachts herum weil er nicht schlafen kann; umringt von der nächtlichen Welt der Entwurzelten – Huren, Zuhälter, Durchreisende – haßt er New York mit einem biblischen Zorn, er ist besessen von dessen Obszönität und Schmutz. Dieser grimmige, mächtige Film ist wie eine grobe, sensationslüsterne Version von Dantes Hölle. In einigen Szenen erreicht Scorsese eine trance-gleiche Wirkung, der ganze Film läßt die Zuschauer schwindeln.“(Pauline Kael) Kino 46

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story. Camerons „Titanic“ist eine suggestive Zeitreise, eine Reise auch in eine betonierte Klassengesellschaft. Den Gegensatz zwischen oben und unten, Erster und Dritter Klasse, läßt Cameron ausspielen: maliziöser Snobismus und aufgeräumtes Palaver hier, trunkener Tanz und schwitziges Armdrücken dort. Den Bildern ist keine explosive Kraft, eher eine implodierende Qualität eigen. Hierin liegt die Überraschung des Films – und sein ästhetischer Reiz.“(epd-Film) Europa, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

W

Wag the Dog USA 1997, R: Barry Levinson, D: Robert De Niro, Dustin Hoffman

„Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“wäre eine sinngemäße Übersetzung des Filmtitels, und tatsächlich versuchen in dieser Politsatire ein Berater des US-Präsidenten und ein Filmproduzent genau dieses, indem sie in den Medien einen Krieg inszenieren, nur um von einem Sexskandal des Präsidenten abzulenken. Das klingt irgendwie bekannt? Kein Wunder, denn bis auf Details genau wirkt „Wag the Dog“wie ein komisch überhöhter Kommentar auf zur Zeit aktuelle Probleme von Bill Clinton. Immer wieder müssen die Filmmacher betonen, daß der Film schon lange fertig gedreht und geschnitten war, bevor irgendjemand den Namen Monica Lewinsky auch nur gehört hatte. Und dennoch ist es kaum zu glauben. Das amerikanische Kino hat einen Narren an seinem Präsidenten gefressen. In den letzten Jahren war er schon als Retter der Menschheit („Independence Day“), Actionheld („Air Force One“), Mörder („Absolute Power“) und Trottel (diverse) auf der Leinwand zu sehen. Dies ist nun mit Abstand der scharfsinnigste und witzigste „Präsidentenfilm“. Und daß die Realität die Satire so schnell eingeholt hat, ist nur die beste Bestätigung dafür, wie treffend die Autoren Larry Beinhart und David Mamet hier die Zustände in ihrem Heimatland analysiert haben. (hip) City

Washington Square USA 1997, R: Agnieszka Holland, D: Jennifer Jason Leigh, Albert Finney, Maggie Smith

"Wie obzön – Deine Mutter muß ihr Leben lassen, damit Du Deinen Platz auf dieser Erde einnehmen kannst.“Dr. Austin Sloper kann seiner Tochter den Kindbett-Tod seiner geliebten Frau nicht verzeihen. Von Catherines Unzulänglichkeit überzeugt, sieht er für das Liebeswerben des charmanten, aber mittellosen Moris Townsend nur einen Grund: Er muß ein Mitgiftjäger sein. Sloper untersagt die Verbindung und stürzt die leidenschaftlich entflammte Catherine damit in einen schicksalhaften Konflikt. Viele Kinogänger machen um Kostümfilme einen ähnlich großen Bogen wie um französische Dialog-Filme. Alle anderen können sich auf eine gefühlsintensive Henry-James-Verfilmung freuen. Jennifer Jason Leigh, sonst Spezialistin für verkrachte Existenzen, zeigt sich hier ungewohnt zartbesaitet.“(TV-Spielfilm) Atelier

Das weiße Zauberpferd Irland 1992, R: Mike Newell, D: Gabriel Byrne, Ellen Barkin

Drehbuchautor Jim Sheridan liefert nach „Mein linker Fuß“eine seifige Geschichte vom Leben unter den Tinkern. Der ehemalige König der Travellers, Papa Riley, wird von dem Vorhaben, seinen Söhnen ein normales Heim zu bieten, abgebracht, nachdem Großvater Ward von seinen Reisen zurückkehrt und neben phantastischen Geschichten auch ein weißes Pferd mitbringt. UFA-Palast

Wiedersehen auf Bullerbü Schweden 1961/62, R: Olle Hellbom, D: Kaj Andersson, Jan Erik Husbom, Thomas Johansson

„Fortsetzung der Astrid-Lindgren-Erzählung „Die Kinder von Bullerbü“. Hauptsächlich geht es um einen Jungen, der Angst vbor dem Zahnarzt, aber einen lockeren Zahn hat. Erfrischende Unterhaltung (Lexikon des Internationalen Films) Schauburg