Panik in zwei Panzerschmieden

Deutsche Rüstungsindustrie steht vor einer Fusionswelle. Gerade abgeschlossener Vorvertrag für einen Transportpanzer stellt die Weichen, welche Betriebe überleben. Hardthöhe spielt undurchsichtige Rolle  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Deutsche Panzerhersteller schießen scharf gegen den deutschen Verteidigungsminister. Henschel-Wehrtechnik und Kuka, beides Töchter des IWKA- Konzerns, werfen Volker Rühe Mauschelei bei der Auftragsvergabe vor. Die Hardthöhe will 3.000 gepanzerte Transport-Kraftfahrzeuge (GTK) bei einem europäischen Konsortium unter Führung von Krauss-Maffei bestellen. Damit zeichnet sich ab, daß beim anstehenden Fressen und Gefressenwerden in der deutschen Rüstungsindustrie die GTK-Auftragnehmer am Tisch sitzen, während IWKA auf dem Teller liegt.

Zunächst geht es nur um einen 127-Millionen-Auftrag aus Steuergeldern. Ein europäisches Konsortium, bestehend aus den deutschen Firmen Krauss-Maffei, Rheinmetall und Wegmann sowie der britischen GKN, soll dafür einen Transportpanzer entwickeln, der deutsche Soldaten sicher durch feindliches Gebiet transportiert. Bestellt die Bundeswehr später wie geplant 3.000 GTK, ist der Auftrag sechs Milliarden Mark wert. Zusätzlich haben Frankreich, Großbritannien und die Niederlande angekündigt, insgesamt 2.500 Stück kaufen zu wollen.

Eine Festlegung für künftige Bundeshaushalte im großen Stil bedeutet die jetzige Entscheidung noch nicht. Dennoch ist sie für die deutsche Rüstungsindustrie von immenser Bedeutung: Denn das GTK-Fahrzeug ist das erste Projekt des europäischen Rüstungsbüros in Bonn. Das wird von mehreren Regierungen finanziert und soll Europas Waffenschmieden fit machen für den internationalen Kampf um Aufträge. Während Großbritannien für sich die Führerschaft im Luftwaffensektor beansprucht, soll Deutschland bei der Ausstattung des Heeres den Ton angeben. Klar ist, daß in den kommenden Jahren auch bei den Panzerherstellern zahlreiche Fusionen anstehen, damit Europa mit den USA Schritt halten kann.

IWKA versucht nun mit Hilfe von FDP- und SPD-Abgeordneten, sein Schicksal noch zu wenden. Das unterlegene Konsortium behauptet, das Verteidigungsministerium habe die Konkurrenz bei der Ausschreibung bevorzugt. Dabei geht es um die Frage, warum plötzlich ein achträdriges Fahrzeug gewünscht wurde, nachdem vorher sechs Räder ausreichen sollten. Als IWKA nachbesserte, ließ Rühe den Vorschlag abblitzen.

Zur Zeit beschäftigt sich der Bundesrechnungshof mit dem Fall. Doch Verteidigungsminister Rühe hofft dennoch, das Projekt noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach zu haben. Zeitverzögerungen von wenigen Wochen könnten wegen der anstehenden Bundestagswahl schnell auf zwei Jahre anwachsen, warnt er.