: Die Autohersteller sperren sich gegen gute Luft
■ Der Straßenverkehr nimmt einen immer größeren Anteil an dem Kohlendioxidausstoß ein. Nur eine konsequente Reduzierung des Spritverbrauchs kann die Klimaschutzziele noch retten
„Um ihren Anspruch zu unterstreichen, sollte die Kommission die Mitgliedsstaaten ermuntern, sich öffentlich auf freiwillige höhere Klimaschutzziele zu verpflichten, um das höhere Niveau ihrer Ambitionen deutlich zu machen.“ So heißt es bei der EU- Kommission zu den Klimaverhandlungen. Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard konnte sich nicht mit ihrer Vorstellung durchsetzen, daß die EU sich freiwillig zu mehr Klimaschutz verpflichtet, als das Kioto-Protokoll vorschreibt. Das hatten auch die anderen Industriestaaten auf dem Kiotoer Gipfel immer wieder von der EU verlangt. Schließlich hatte die EU erheblich mehr gefordert (15 Prozent Minderung bis 2010), als die Weltgemeinschaft dann beschloß.
Doch angesichts des Streits um die internen Quoten, mit denen die EU bloß die vom Kioto-Protokoll vorgeschriebene Reduktion von 8 Prozent erfüllt, hat die Gemeinschaft offenbar schon genug Probleme. Daß sich irgendein Land darüber hinaus noch freiwillig zu mehr verpflichten wird, ist da unwahrscheinlich. Denn die Klima- Ambitionen könnten bald arg unter die Räder kommen. Der Straßenverkehr nimmt einen immer größeren Anteil an dem Kohlendioxidausstoß der EU ein. Sein Problem: Er läßt sich viel schwerer eindämmen als der von Industrie und Hausbrand. Zumindest nicht ohne einschneidende Maßnahmen wie höhere Benzinpreise und Straßengebühren. In ihrem Bericht von Anfang des Monats warnt die EU- Kommission dann auch, daß die Emissionen des Verkehrs das Klimaschutzziel der EU gefährden könnten. Dessen Ausstoß stieg zwischen 1985 und 1995 um 37 Prozent. Schon heute hat der Verkehr einen Anteil an dem CO2-Gesamtausstoß von 26 Prozent. Er würde bis 2010 auf 40 Prozent steigen, wenn die EU nichts unternähme. Um den Anstieg zu halbieren, müßten der Verbrauch der Autos stark reduziert, die Preise für den Verkehr allgemein erhöht und die Eisenbahn revitalisiert werden.
Doch diese Einsichten werden nur ungenügend umgesetzt. So wollte die EU-Kommission jeden Autohersteller unter Strafandrohung dazu verdonnern, bis 2008 den Verbrauch auf fünf Liter zu drosseln. Inzwischen ist nur noch von einer Selbstverpflichtung die Rede, auf sechs Liter, im Schnitt aller Hersteller. Die Verhandlungen mit der Industrie laufen noch, doch was von solchen Selbsverpflichtungen zu halten ist, demonstrierte die deutsche Autoindustrie zeitgleich zum Kiotoer Gipfel: Die Selbstverpflichtung zu 25 Prozent weniger Kohlendioxid bis 2005 könne leider nicht eingehalten werden, sagte der Verbandschef Bernd Gottschalk damals lässig. Es seien allenfalls sechs Prozent erreichbar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen