Das Portrait
: Griechischer Gott mit Schattenseiten

■ Konstantin Karamanlis

Als autoritär wurde er oft geschildert, „Theos“ (Gott) nannten ihn die griechischen Medien in den letzten Jahren. 1974 war er der „Retter in der Not“, der die von der Militärjunta angefachte Zypernkrise zu einem friedlichen Ende brachte. Nach dem Sturz der Militärdiktatur 1974 installierte der Jurist als Regierungschef wieder demokratische Strukturen und entfernte die korruptesten Handlanger der Junta.

Als „Führer der Nation“ betitelten den gebürtigen Makedonier die um große Worte nie verlegenen Griechen. Griechenlands Beitritt zur EG und die Rückkehr in die Nato 1981 gehen auf Karamanlis zurück. Und nicht nur seine linken Gegner hielten ihm die Legalisierung der Kommunistischen Partei zugute, womit er Tausenden politischen Flüchtlingen die Rückkehr ermöglichte.

Doch auch dieser griechische Gott besaß seine Schattenseiten: Klassische Instrumente der griechischen Politik wie Wahlmanipulation, Vetternwirtschaft und verdeckte Korruption gehörten zu Karamanlis' Handwerkszeug. Auch unter seiner Regierung wurden linke Oppositionelle beobachtet und unterdrückt. Höhepunkt waren 1978 die von ihm durchgesetzten und von der Opposition als „deutsches Geistesprodukt“ kritisierten strengen Anti-Terror-Gesetze.

In Deutschland war Konrad Adenauer auf der Höhe seiner Kanzlerschaft, als Karamanlis nach mehreren Ministerposten 1955 seine erste konservative Regierung bildete. Mit kurzen Unterbrechungen stellte seine „Nationalradikale Union“ bis zu seiner freiwilligen Emigration 1963 die Regierung.

Im Machtkampf um den Einfluß auf die Armee war er König Paul 1967 unterlegen. Die im gleichen Jahr errichtete Militärdiktatur dauerte acht Jahre. Massenverhaftungen und Folter wurden zur Tagesordnung. Erst 1974 konnte Karamanlis die Modernisierung Griechenlands fortsetzen, bevor er 1980 vor dem drohenden politischen Machtverlust elegant für fünf Jahre ins Amt des Staatspräsidenten auswich. 1990 wählte ihn eine knappe konservative Parlamentsmehrheit zum zweiten Mal zum Präsidenten.

Erst vor drei Jahren zog sich der körperlich sichtlich Geschwächte aus der Politik zurück. Geschieden und kinderlos, verstarb er gestern im Alter von 91 Jahren in Athen an den Folgen eines Herzinfarkts. Walter Kaul