Letzte Drohgebärden

■ Wenn EU die Pay-TV-Allianz verbietet, will Kirch Hunderte Mitarbeiter rausschmeißen

München (rtr/AP/taz) – Das Medienunternehmen Kirch hat mit der Entlassung von mehreren hundert Mitarbeitern gedroht, falls die EU-Wettbewerbsbehörde seine Pay-TV-Allianz mit Bertelsmann untersagt. Allein werde die Kirch-Gruppe ihr Digitalangebot DF 1 einstellen, sagte Geschäftsführer Dieter Hahn. Dann seien ein Teil der rund 1.000 Arbeitsplätze gefährdet, die im Kirch- Konzern direkt oder indirekt mit dem Projekt zusammenhingen: „Wenn die Entscheidung gegen uns fällt, wird die Kirch-Gruppe dieses Arbeitsplatzniveau nicht aufrechterhalten können.“

Eigentlich wollen die beiden Konzerne beim abonnentenstarken Pay-TV-Sender Premiere je 50 Prozent besitzen und ihn gemeinsam aufbauen. Bisher wird Premiere von Bertelsmann kontrolliert. Kirch hatte DF 1 mit derzeit angeblich 160.000 Abonennten trotz Milliardeninvestitionen in Film- und Sportrechte nicht allein etablieren können. Kirch-Manager Hahn sagte, ohne die geplante Allianz habe DF 1 „keine Chance“ gegen Premiere.

EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert hatte bereits signalisiert, daß er die Allianz für unzulässig hält. Auch die Abmachungen von Kirch, Bertelsmann und Deutscher Telekom über einen digitalen Decoder-Standard sieht der Wettbewerbshüter kritisch. Im Gegensatz zu Kirch hatte van Miert in einem vorläufigen Bericht erklärt, Kirch und Bertelsmann könnten auch jeweils einzeln Pay-TV etablieren. Selbst wenn Kirch DF 1 dichtmache, seien die „negativen Folgen für den Wettbewerb“ wahrscheinlich geringer als durch die Verwirklichung des Zusammenschlusses, heißt es in dem Papier vom 13. März.

Nach Angaben aus Brüssel waren Gespräche zwischen der Kommission und den Konzernen in den vergangenen Wochen ergebnislos geblieben, da sich die Unternehmen nicht bewegt hätten. Die Frist für das Verfahren zum Premiere- Zusammenschluß laufe am kommenden Montag aus, hieß es. In der Branche wird immer wieder von Versuchen deutscher Standortpolitiker berichtet, auf die Kommission Einfluß auszuüben. Van Miert sehe sich indes in einer starken Position. löw