Koalition für Bücherei im Polizeihaus

■ Fraktionen von SPD und CDU halten Standort für „logisch“: Noch vergangenen Woche hatte sich der Finanzsenator nicht festlegen wollen und andere Interessenten vergrätzt

Die Bremer Koalition aus SPD und CDU hat sich auf das Polizeihaus als Domizil der künftigen Zentralbibliothek festgelegt. Das Gebäude am Wall sei als „Fortschreibung der Kulturmeile“aus Theater, Kunsthalle und Ostertorwache der logische Standort, sagte CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer, als er die Ergebnisse der Koalitions-Klausur vorstellte. Das Polizeihaus war im Winter an die Bremer Firma Zechbau verkauft worden, die auch das neue Poliziepräsidium in der Vahr baut.

In der Bremer Immobilienwirtschaft reagierte man überrascht und befremdet auf die Zusage für das Zech-Projekt. Es hatten sich nämlich auch zwei andere Investoren bemüht, den Besuchermagnet Bibliothek in ihre Neubauprojekte zu holen. Angeboten waren Objekte im Faulenquartier und am Bahnhofsplatz. Auch hier hätte sich die Wirtschaftlichkeit durch die Zusage eines solventen, auf Jahrzehnte sicheren Dauermieters wie der kommunalen Bibliothek enorm verbessert.

Noch Ende vergangener Woche hatte eine Sprecherin von Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) versichert, man werde sich „zum heutigen Zeitpunkt“nicht auf einen Standort für die Stadtbibliothek festlegen. Bausenator Bernt Schulte (CDU) hatte sich der glücklichen Lage gerühmt, mit mehreren Interessenten für die Bücherei verhandeln zu können. So könne man für die Stadt günstigere Konditionen herausholen.

Besonders verwundert dürfte die Koalitions-Zusage für das Polizeihaus in Augsburg aufgenommen werden. Die dortige Walter Bau hatte in den letzten Wochen das Konzept für einen Neubau auf dem Bremer Bahnhofsplatz betrieben: Herzstück sollte die Bibliothek sein. Die Planer hatten eigens das Raumprogramm in dem 90-Millionen-Komplex an die Wünsche der Bibliothek angepaßt.

Bis zuletzt hatten Walter und seine Bremer Vertreter Lobbyarbeit betrieben. Ihr Argument für den Bahnhofsplatz: Günstigere Mieten und bessere Erreichbarkeit. Außerdem hätte die Bibliothekszentrale bereits im Jahr 2000 eröffnen können, während im Polizeihaus zu desem Zeitpunkt der Umbau beginnen soll. Wie berichtet, wollten sie eine Neuausschreibung des Grundstücks solange verhindern, bis sie den Senatsspitzen ihr Projekt vorstellen und über einen Kaufpreis verhandeln könnten. Die Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) hatte Walters Bremer Makler Henrik Hahm Ende Januar schriftlich zugesagt, vor der Ausschreibung einen „hochrangig besetzten Präsentationstermin“zu organisieren.

Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) hatte den Investoren noch Anfang April versprochen, das Gespräch mit seinen Senats- und Parteikollegen Bernt Schulte und Hartmut Perschau (Finanzen) zu suchen. Wie zu erfahren war, wandte sich der ehemalige Beck's-Boss zunächst nur an Schulte, der aber als Bausenator nicht für Ausschreibung und Verkauf von städtischen Grundstücken zuständig ist. Dann entschwand Hattig zu einem mehrtägigen Besuch in die USA. Schulte sollte beim zuständigen Finanzsenator Perschau einen Aufschub der Ausschreibung erreichen. Das gelang Schulte offenbar nicht. Während Hattig in Florida weilte, schickten Perschaus Beamte am Donnerstag vergangener Woche die Ausschreibungsunterlagen an die FAZ, wo sie gestern veröffentlicht wurden. Unklar ist, ob sich Walter an der Ausschreibung beteiligen wird. Joachim Fahrun