Nachfolger für Gonzales gesucht

■ Spaniens Sozialisten müssen sich jetzt entscheiden, wer bei den Wahlen im Jahr 2000 gegen den Konservativen Aznar antreten soll. Die Parteiführung setzt auf den amtierenden Generalsekretär

Madrid (taz) – Bei Spaniens Sozialisten (PSOE) war gestern Wahltag. Die Basis mußte über den Kandidaten für die Wahlen im Jahr 2000 abstimmen. Doch wer soll Felipe Gonzalez, der 1996 nach 13jähriger Regierungszeit die Macht an den konservativen José Maria Aznar abtreten mußte, ersetzen?

Ginge es nach der Parteiführung, stünde der Kandidat bereits fest: Joaquin Almunia, seit letztem Herbst amtierender Generalsekretär. Nicht nur in der Madrider Zentrale, sondern auch in den meisten Provinzen kann er mit der Unterstützung der Parteioberen rechnen. Almunia sieht sich in der Kontinuität seines großen Vorbildes. Unzählige ehemalige Minister unterstützten ihn dabei.

Der Rechtsanwalt aus Bilbao zählt selbst diejenigen stolz zu seinen Gästen, die mit Korruption oder ihrer Beteiligung am schmutzigen Krieg der Antiterroristischen Befreiungsgruppen (GAL) gegen mutmaßliche baskische Separatisten für die Skandale sorgten, die die sozialistische Regierung zu Fall brachten. Bekanntestes Bespiel: der einstige Innenminister José Barrionuevo, der sich in wenigen Wochen in Sachen GAL wegen Entführung und Mord vor Gericht verantworten muß.

Derart vom Parteivorstand im Stich gelassen, bleibt Almunias Mitbewerber José Borrell, Ex-Minister für Transport und Umwelt, nur das Vertrauen in die Basis. Der Katalane, der sich ebenfalls gerne in der Tradition von González sieht, wird so zur Hoffnung all derer, die in den letzten Jahren von der Regierungsclique an den Rand des Parteigeschehens gedrängt wurden oder nur nach einer Säuberung der PSOE einen Wahlsieg für möglich halten. Händeschütteln mit Intellektuellen und Gewerkschaftsführern soll Borrells „Mitte- Links-Projekt“ die notwendige Glaubhaftigkeit verschaffen.

Auch den politischen Gegnern der Sozialisten scheint der Ex-Minister nicht geheuer. Was bei der PP nur hinter vorgehaltener Hand zu vernehmen ist, spricht das kommunistische Wahlbündnis Vereinigte Linke (IU) offen aus: Almunia ist ihnen lieber als Borell. Nach fast zwei Jahren getrennter Opposition machte der Chefkoordinator des kommunistischen Wahlbündnisses, Julio Anguita, Almunia das Angebot, gemeinsam gegen die Regierung Aznar vorzugehen.

Vergessen scheinen die Zeiten, als für IU die PSOE ebenso zur politischen Rechten gehörte, wie Aznars Volkspartei (PP). „Keine Zusammenarbeit mit den korrupten Sozialisten und denen, die für den schmutzigen Krieg der GAL verantwortlich sind“, verkündete Anguita damals. Eine Politik, die er auch durchhielt, als die Erneuerer die Linkskoalition auf der Suche nach „einem Bündnis aller fortschritlichen Kräfte“ verließen.

Anguitas Schwenk zu Almunia und der alten PSOE-Riege hat nur eine Erklärung: Der orthodoxe Kommunist erhofft sich eine Wählerabwanderung, von der PSOE hin zu IU. Reiner Wandler