Herbe Schlappe für CDU-Chef Neumann

■ Mehr als ein Viertel der Delegierten verweigerte dem Parteichef die Stimme / Ulrich Nölle meldet sich mit Kraft zurück

Als das Wahlergebnis verkündet wurde, herrschte im Bürgerzentrum Neue Vahr einen Moment lang eisiges Schweigen. Mit nur 153 von 216 gültigen Stimmen bestätigten die Delegierten Bernd Neumann auf dem Landesparteitag der CDU am Sonnabend in seinem Amt als Parteichef. Mehr als ein Viertel der Delegierten verweigerte dem einzigen Kandidaten jedoch die Stimme. Bei der letzten Wahl vor zwei Jahren, war Neumann noch mit einer überwältigenden Mehrheit von rund 90 Prozent gewählt worden.

Sein Kontrahent Ulrich Nölle, der im Juni des vergangenen Jahres vergeblich versucht hatte, Neumann zu stürzen, schnitt besser ab. Bei der Wahl zum stellvertretenden Landesvorsitzenden bekam Nölle 158 von 219 gültigen Stimmen. Nölle war kurz nach dem Machtkampf mit Neumann aus gesundheitlichen Gründen als Bürgermeister und Finanzsenator zurückgetreten. Er sei „vollständig genesen“und wolle sich jetzt wieder in die Politik einmischen, kündigte Nölle unter dem tosendem Applaus der Delegierten an.

„Ich hätte ein besseres Ergebnis verdient“, sagte Neumann kurz nach der Wahl. Die „junge Gruppe“habe ihm „einen Denkzettel verpassen“wollen, weil er nicht bereit sei, „Durchmärsche bei der Beisitzer-Wahl zu dulden.“Auf die Frage, was er damit meine, und wer die junge Gruppe sei, wollte Neumann zunächst keine Antwort geben. Als die Wahl des stellvertretenden Landesschatzmeisters ausgerufen wurde, bekamen die kryptischen Auskünfte des Parteichefs allerdings Konturen. Viola Mull, Bürgerschaftsabgeordnete und frühere Schatzmeisterin der Jungen Union (JU), trat gegen den Unternehmer Stefan Bellinger an. Kein geringerer als Ulrich Nölle sprang für Mull in die Bresche. Sie sei eine Frau, und Frauen müßten gefördert werden. „Eine geistlose Begründung“, erwiderte Wirtschaftssenator Josef Hattig schroff, warb für den Unternehmer Bellinger und ließ es sich nicht nehmen, die Neumann-Abtrünnigen zu kritisieren: „Die Qualität eines Kopfes besteht darin, partikuläre Interessen dem Gesamtinteresse unterzuordnen.“Neumann trat ans Rednerpult, bekannte sich offen zu Bellinger und lieferte damit eine konkretere Erklärung für seine Wahlschlappe: „Ich habe vorab gesagt, wie ich votiere. Ich habe mich damit nicht beliebt gemacht, aber ihr habt ja Euer Mütchen an mir gekühlt“, sagte er in Richtung Junge Union. Fraktionchef Ronald-Mike Neumeyer ergriff das Wort. Neumann habe den Denkzettel nicht verdient, sagte er. Das sei „unfair und politisch dumm“. Aber es sei ebenso unfair und politisch dumm, nur eine kleine Gruppe für die Wahlniederlage verantwortlich zu machen. Der Seitenhieb saß, Neumann zuckte zusammen. Ihm stünde Viola Mull näher, beendete Neumeyer seine Rede mit hochrotem Kopf. Das Werben nützte wenig. Bellinger bekam 138 Stimmen, Mull 75.

Neumeyer schlug Mull daraufhin als Beisitzerin für den Landesvorstand vor. Dort wird sie unter anderem neben Wirtschaftssenator Josef Hattig, Finanzsenator Hartmut Perschau und Staatsrat Niederbremer Platz nehmen. Vertreter der jungen Gruppe, wie zum Beispiel Jörg Jäger, JU-Vorsitzender Claas Rohmeyer wurden hingegen nicht gewählt. Jens Eckhoff, der ehemalige Chef der Jungen Union, gab sich keine Mühe, seine Enttäuschung über diese Wahl zu verbergen. „Der Vorstand ist jetzt eher bequem als kritisch. Aber das ist ja auch so gewollt. Kerstin Schneider / Foto: N.Wolff