„Nigger, wer hat Dir den Job gegeben“

■ 33jähriger wegen Volksverhetzung zu Geldstrafe von 7.000 Mark verurteilt / Reinigungskraft aus Ghana im Bahnhof beleidig: „Wenn Hitler noch da wäre, gäb's keine Nigger mehr!“

Auf dem Weg ins Amtsgericht duddelt das Autoradio. Der Wahlerfolg der Deutschen Volksunion (DVU) von 12,9 Prozent in Sachsen-Anhalt sei „ein Skandal“, sagt Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU). Ein „ernstzunehmendes Warnsignal“, findet auch Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP).

Minuten später beginnt vor dem Bremer Amtsgericht der Prozeß gegen einen 33jährigen Fußbodenleger wegen Volksverhetzung. Er soll im März 1997 auf dem Hauptbahnhof einen Mann aus Ghana beleidigt haben, der für den Reinigungstrupp der Bahn AG die Halle fegte. „Nigger, wer hat Dir den Job gegeben? Wenn Hitler noch an der Macht wäre, gebe es keine Neger in Deutschland mehr“, soll er gesagt und dem Putzmann „Sieg Heil“nachgerufen haben.

Das Motiv bleibt offen. Er könne sich an nichts erinnern, beteuert der Angeklagte. Er sei zu betrunken gewesen. Den ganzen Tag und die Nacht habe er Bier getrunken und sich mit zwei Freunden eine Flasche Whiskey geteilt. Auch der Mann vom Sicherheitsdienst der Bahn kann sich zunächst nicht daran erinnern, daß ein Schwarzer in der Bahnhofshalle angepöbelt wurde. „Sowas passiert jeden Tag, wenn ich mir das alles merken sollte...“Der Vorfall habe sich in der Bahnhofshalle abgespielt, hilft Richter Peter Mertens dem Zeugen auf die Sprünge. „Ach ja, stimmt. Der hat ganz freundlich gefragt, ob er da saubermachen könne“, erinnert sich der Zeuge. Nur den Namen seines Kollegen vom Reinigungsdienst weiß der Sicherheitsmann nicht mehr. „Ich glaube, der hieß Douglas.“In der Verhandlungspause tritt der Mann vom Sicherheitsdienst nochmal an den Richtertisch. „Der Mann hieß nicht Douglas, sondern Jumbo.“Es sei schwer, sich die Namen zu merken, entschuldigt sich der Zeuge. Bei der Bahn würden viele Schwarze saubermachen, und das Personal würde häufig wechseln. „Die bekommen nur Zeitverträge für drei Monate, damit die Bahn sie nicht festanstellen muß.“

Er habe nur gefragt, ob der Mann die Füße hochnehmen könnte, damit er die Bahnhofshalle fegen könnte, gibt der Ghanaer zu Protokoll. „Wer hat dir diesen Job gegeben, Du verfluchter Nigger“? habe der Mann geschrien und eine Flasche zerbrochen. Ob er „Sieg Heil“gerufen habe, könne er nicht mehr sagen. „Der Mann hat soviel geschrien.“Daß der Angeklagte den Ghanaer mit nationalsozialistischen Parolen beschimpft hat, bestätigt ein weiterer Zeuge, der auch die Anzeige erstattet hat.

Eine Geldstrafe von 2.400 Mark fordert die Staatsanwaltschaft für diese „ziemlich widerlichen“Äußerungen. „Ausgesprochen milde“, findet Richter Mertens. Wegen des Alkoholkonsums sei der Angeklagte zwar in einem erheblichen Maße schuldunfähig. Daß der Angeklagte sich nicht erinnern könne, glaubt der Richter nicht. „Da habe ich so meine Zweifel“, sagt Mertens. Sein Urteil geht weit über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus: 7.000 Mark Geldstrafe wegen Volksverhetzung, Beleidigung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (der Ausruf „Sieg Heil“Anm.d.Red.) „Sie haben Teile der Bevölkerung beleidigt“, sagt der Richter.

Mittags sendet der Lokalsender Radio 107.1 eine Umfrage unter BremerInnen zum Wahlergebnis in Sachsen-Anhalt. Daß die DVU zugelegt hat, fände sie „gut“, sagt eine Frau. Die etablierten Parteien müßten aufgerüttelt werden. „Sonst passiert ja nichts.“ kes