Japan muß „Trostfrauen“ offiziell entschädigen

■ Südkoreanische Ex-Zwangsprostituierte erringen in Japan historischen Sieg vor Gericht

Tokio (taz) – Erstmals hat ein japanisches Gericht die Entschädigungspflicht der Regierung in Tokio für ehemalige Zwangsprostituierte aus dem 2. Weltkrieg anerkannt. Gestern sprach das Gericht der westjapanischen Stadt Yamaguchi drei südkoreanischen Frauen, die im 2. Weltkrieg in japanischen Militärbordellen als sogenannte „Trostfrauen“ zur Prostitution gezwungen worden waren, Schadensersatz von 4.100 Mark pro Person zu. Dagegen verwarf das Gericht die Forderung nach einer offiziellen Entschuldigung der Regierung. Auch die Schadenersatzforderungen von weiteren sieben Südkoreanerinnen, die in der japanischen Rüstungsindustrie zu Zwangsarbeit verpflichtet worden waren, lehnte das Gericht ab. Ursprünglich hatten die zehn Klägerinnen 7,7 Millionen Mark Schadenersatz verlangt.

„Das Urteil ist ein historischer Durchbruch“, kommentierte Martin Kaneko, ein österreichischer Professor für moderne Sozialgeschichte an der Japan Women's University. Kaneko verfolgt seit Jahren die Prozesse um japanische Kriegsverbrechen. Bisher hatten die Frauen in 40 Fällen verloren. Nur noch 300 von geschätzten 200.000 Zwangsprostituierten aus damals von Japan besetzten asiatischen Ländern leben noch. Bisher hat Tokio eine staatliche Entschädigung unter Hinweis auf bilaterale Abkommen mit den asiatischen Regierungen abgelehnt.

Noch ist unklar, ob Tokio Berufung einlegen wird. „Im Hinblick auf bessere Beziehungen mit Süd- Korea wäre die japanische Regierung gut beraten, keine Berufung einzulegen“, sagt Kaneko. Erst vor einer Woche hat die neue Regierung Süd-Koreas überraschend verkündet, daß sie keine offizielle Entschädigung für die Zwangsprostituierten mehr fordere. Diese Kehrtwende der Regierung Kim Dae Jung könnte die Entscheidung der japanischen Regierung beeinflussen. Für einen Kompromiß spricht auch die „symbolisch“ kleine Summe, die den Frauen gestern zugesprochen wurde.

Offiziell für die Kriegsverbrechen entschuldigen muß sich Japan nach dem Willen der Richter jedoch nicht. Für die betroffenen Frauen sei die Entschuldigung viel wichtiger als die Entschädigung, so Kaneko. Erst 1996 richtete Japans Regierung einen privaten Entschädigungsfonds ein, der den überlebenden „Trostfrauen“ jeweils 27.000 Mark anbot. Bisher sind jedoch nur sieben philippinische Frauen darauf eingegangen. Alle anderen verlangen eine offizielle Entschuldigung und eine staatliche Entschädigung. André Kunz