Vom Eiferer zum Bürgerrechtler

■ Filme von Mohsen Makhmalbaf und anderen Iranern im Metropolis und B-Movie

Das iranische Kino stellt ein Paradox dar: Filme durchlaufen fünf Stufen der Zensur – vom Entwurf bis zum fertigen Werk – und erweisen sich dennoch als einzig erfolgreicher Kultur-Export. Trotz – oder gerade wegen – aller staatlichen Eingriffe gehört das iranische Kino inzwischen zu den Höhepunkten auf internationalen Festivals, und mit der Goldenen Palme für Abbas Kiarostamis Der Geschmack der Kirsche letztes Jahr in Cannes erlebte es seinen Adelsschlag.

Nun wird in Deutschland mit Mohsen Makhmalbaf der zweite wichtige iranische Auteur entdeckt. In Iran ist er populärer als Kiarostami, und seine Entwicklung vom islamischen Eiferer zum Zweifler am System spiegelt sich auch in seinen Filmen. Zwei seiner jüngsten wurden im Iran verboten: der im Juni anlaufende Gabbeh sowie Brot und Blumentopf.

1974 verübte der glühende Islamist Makhmalbaf ein Attentat auf einen Polizisten und saß bis 1979, als ihn die islamische Revolution befreite, im Gefängnis. Anfangs war er der propagandistische Vorzeige-Regisseur, doch im Laufe der Achtziger wich seine Verherrlichung des Gottesstaats immer mehr einer reflektierten Kritik. In Brot und Blumentopf sucht ihn jener damals angegriffene Polizist auf, und gemeinsam inszenieren sie ihre gemeinsame Vergangenheit nach.

Die Schärfe der Zensur zwingt iranische Regisseure zu einem metaphorischen Stil, der aber gleichzeitig der islamischen Kultur und ihrer Art des Geschichtenerzählens entspricht. In Zeit für Liebe verweigert der Relativismus der ständigen Rollenverkehrung dem Zuschauer eine einfache Antwort. Eine Dreiecksgeschichte wird immer wieder von anderer Perspektive beleuchtet und ermöglicht so eine Vielzahl von Interpretationsmustern.

Salaam Cinema beschäftigt sich mit dem Akt des Filmemachens selbst. Anders jedoch als in Arbeiten profilneurotischer europäischer Autoren – von Achteinhalb bis Der Stand der Dinge – steht hier nicht der ach so tiefschürfende Künstler post-romantischer Prägung im Mittelpunkt, sondern die Masse der Menschen, die ihre Hoffnungen und Träume in die Filme projiziert. Das Casting zum neuen Makh-malbaf-Projekt entwickelt sich zum neuen Makhmalbaf-Film selbst – oder war es gar so geplant? Makhmalbafs Filme sind immer auch Meditationen über die Grenzen von Dokumentarismus und Spielfilm – über die Durchdringung von Wirklichkeit und Inszenierung.

Malte Hagener

Die Filme von Makhmalbaf laufen ab Freitag, dem 1. Mai, im Metropolis. Außerdem veranstaltet das B-Movie von Freitag, 1. Mai, bis Sonntag, 3. Mai, ein kleines Iranisches Filmfest. Das Programm liegt an den Kinokassen aus.